Luxusartikel Kind – Teil 2

Datum: Donnerstag, 29. September 2016 13:28

Ein Nachschlag zum Diskurs um Kitagebühren.

"Luxusartikel Kind"-Teil 1: KLICK DRAUF!

In der Septemberausgabe der lausebande haben wir in einem ausführlichen Spezial versucht, etwas Licht ins Dunkel der Kitagebühren zu bringen. Die Resonanz war riesig. Aus politischen Kreisen erreichten uns aufgrund der Seitenhiebe an die rot-rote Landesregierung vor allem Schreiben mit Informationen, wie viel man doch in Brandenburg gerade jetzt zusätzlich in die frühkindliche Bildung investiert. Von den Eltern hingegen gab es für den Beitrag viel Beifall. Es gab aber auch Nachfragen, warum die Verantwortlichen in den Verwaltungen und politischen Gremien Brandenburgs und aktuell in Cottbus keine vernünftige Lösung finden. Wir sprachen dazu als „Nachschlag“ zum Thema mit engagierten Elternvertretern auf kommunaler und auf Landesebene. Gespräche, die wiederum zu interessanten Erkenntnissen führen und zeigen, dass ein nachhaltiges Thema wie frühkindliche Bildung oft an der zeitlich begrenzten Motivation des Politikbetriebs scheitert, der oft nur von einer Wahl zur nächsten denkt.

Michael Bergmann engagiert sich in der Cottbuser Elterninitiative gegen die Erhöhung der Kitagebühren an der Seite von Arlett Anderssen, Juliane Züge und weiteren Eltern. Der Analyst und Berater im Bereich der Verwaltung von Familienvermögen kennt sich mit Investitionen und Rendite bestens aus und sieht in dem Dilemma um die Cottbuser Kitagebühren ein Risiko für die Zukunft der Stadt:

Nicht viele Eltern engagieren sich so offen wie Sie, warum tun Sie das?

Ich arbeite beruflich eher hinter den Kulissen und konzentriere mich auf Fakten und Analysen. Genau das leiste ich auch in der Elterninitiative. Da man mich auch nicht auf den großen Sektempfängen dieser Stadt trifft, muss ich in der Sache auch kein Blatt vor den Mund nehmen.

Cottbus hat einen klammen Haushalt. Ist es nicht normal, Eltern daran zu beteiligen?

Man muss sicher auch finanzielle Zwänge berücksichtigen. Die zentrale Frage ist aber: Wo erziele ich bei einem knappen Haushalt für die Ausgaben eine vernünftige Rendite? Das habe ich den Stadtverordneten auch aufgezeigt, als unsere Initiative vorsprechen durfte. Die Investition in frühkindliche Bildung ist mit Abstand die sinnvollste für eine Kommune – und die mit der höchsten Rendite. Man kann sich auch vor Zukunftsträumen wie Seenlandschaften und Gewerbegebieten ablichten lassen und den Stadthaushalt mit Millionenausgaben extrem belasten. Viel nachhaltiger ist es, in die Kinder und die Jugend zu investieren. Die Rendite ist in diesem Bereich sogar lokal spürbar. Hierüber macht man sich in den kommunalen Gremien leider zu wenig Gedanken und ist sich der Folgen der Entscheidung einer Gebührenerhöhung nicht bewusst. Sie treffen am Ende jeden, der hier lebt. Man jagt so aber vor allem die Familien, insbesondere die bildungsstarken, förmlich aus der Stadt – obwohl man sie so dringend für deren Zukunft braucht. Wenn man in der Stadtpolitik die Folgen kennen und trotzdem so entscheiden würde, wäre das natürlich umso mehr zu kritisieren.

Sind Sie selbst betroffen?

Ja, wir haben zwei Kinder im Kitaalter.

Die Stadtverwaltung sagt, in Cottbus geht es mit den neuen Kitagebühren gerechter zu. Wie sehen Sie das?

Den Stadtverordneten war meines Erachtens überhaupt nicht bewusst, in welchen Größenordnungen die Gebührenerhöhung stattfindet. Vielen war nicht klar, dass alle Einkommensschichten mit teils empfindlichen Erhöhungen betroffen sind. Die Darstellungen der Verwaltung für die Beschlussvorlage im Stadtparlament wurden schöngemalt. Dort ist von monatlichen prozentuellen Mehrbelastungen auf das Jahresbruttoeinkommen mit einer Null vor dem Komma die Rede. Es sollten nur 20% der Einkommensschichten betroffen sein. All das entspricht nicht der Realität und die Stadtverordneten haben das viel zu wenig hinterfragt.