Der Loom-Virus

Datum: Dienstag, 04. November 2014 09:54

In den vergangenen Wochen ist der Loom-Virus bei uns zu Hause vollends ausgebrochen. Dagegen ist Ebola wie ein Hüstelchen. Ich glaube, in diesem Jahr kommt keine Familie mit Kindern im Grundschulalter an diesem Phänomen vorbei. Für alle, die es nicht kennen: hinter Loom verbirgt sich ein kleiner Plastik-Webrahmen, auf dem man mittels einer Art Häkelndael kleine Gummiringe spannt oder verhäkelt und dadurch bunte Armbänder oder allerlei mögliche Figuren erschaffen kann. Am Anfang waren nur die bunten Armbänder und die Zuversicht, dass unsere Kids davon schnell genug haben. So viel Platz ist an einem Kinderarm schließlich nicht vorhanden. Doch die Armbänder waren nur der Beginn. Plötzlich tauchten in der Klasse meiner Kleinen die ersten Gummitierchen auf. Durch hochkomplexe Verwebungen der kleinen Ringe schien alles möglich, selbst die Erschaffung eines Loom-Godzilla ist wohl nur eine Frage der zur Verfügung stehenden Gummiringe. Meine Kleine wünschte sich zum Glück nur einen Marienkäfer. Ich suchte bei youtube nach einer Video-Bauanleitung und wurde schnell fündig. Man war das kompliziert. Bild für Bild kämpfte ich mich drei Stunden durchs Video und war endlich beim letzten Gummi angelangt. Feierlich wollte ich das Tierchen vom Webbrett hebeln und überreichen – da flitschte das Teil durchs Wohnzimmer und durch die geöffnete Balkontür in die Freiheit. Der Käfer war so schnell, dass selbst die Renn-Schnecke aus dem Trickfilm Turbo dagegen wie ein Faultier nach einer Packung Beruhigungsmittel wirkte. Ich hätte vorher die Bedienungsanleitung lesen sollen, meinte meine Kleine unter Tränen. Dort stand es, wie sie mir zeigte: „Vorsicht beim Lösen der Gummibänder vom Kunststoffrahmen. Gummibänder können unter Zug eine hohe Geschwindigkeit erreichen.“ Wie wahr! Ich trocknete ihr die Tränen und erzählte, wie glücklich der Gummi-Marienkäfer jetzt mit seinen Naturkumpels da draußen durch die Gegend düst. Das war vor vier Wochen, darauf folgten ein Dutzend Marienkäfer in unterschiedlichen Größen, Schlangen, Pandabären, Eulen und Ponys. Insbesondere mit einer Mitschülerin entwickelte sich das zu einem richtigen Wettbewerb. Ich wollte der beste Loom-Daddy sein, und wenn die Freundin meiner Kleinen ein Pferd mitbrachte, loomte ich ein Pferdegespann. Bis ich erfuhr, dass die Freundin einen pensionierten Großvater hatte, der erfahrener Uhrmachermeister war und die Looms als Möglichkeit zum tageweisen Training der Fingergeschicklichkeit ansah. Da gab ich dann doch auf. Ich war jedenfalls froh, als endlich die drei großen Kästen mit den je 3.000 Loomringen aufgebraucht waren. Gezielt und extra pünktlich zum Freitag verbastelte ich den letzten Ring und freute mich auf ein Wochenende ohne die Gummidinger. Ganz traurig tat ich und sagte meiner Kleinen, dass ich nun leider nix mehr machen kann. Einen Tag später empfing sie mich mit leuchtenden Augen, nachdem ich Vormittags nochmal im Büro gewesen war. Ausgerechnet an diesem Samstag war Trödel – und sie hatte für nur 20 Euro zwei XXL-Boxen mit zusammen über 20.000 Loomies erstanden. „Papa, du brauchst nie wieder traurig zu sein.“ Doch damit nicht genug, schließlich eroberte das Virus auch noch meinen Arm. Meine Kleine war zwischenzeitlich auch zum Profi geworden und so musste ich im regelmäßigen Wechsel ihre regenbogenfarbenen Armbänder zur Schau stellen. Zuhause sagte ich natürlich, wie gern ich das trage. Zu meinem Geburtstag dann der große Augenblick: sie präsentierte mir eine Riesenkiste unterschiedlichster Armbänder, die in allen Farben schillerten. Ich musste sie gleich umbinden und kam mir vor wei ein Weihnachtsbaum. Oberlippenbart und ein paar krause Extensions in mein lichtes Haar, und ich hätte ausgesehen wie der gummigewordene Wolle Petry. Trotz Protest gab mir meine bessere Hälfte zu verstehen, wenigstens an diesem Tag die Bänder umzulassen. Als uns zwei kurzsichtige Rentner über den Weg liefen, kamen die tatsächlich ins Streiten, ob das (ich) nicht der Wolle Petry war. Liebe Leute von Ravensburger & Co., es ist wirklich höchste Zeit für ein Gegenmittel!

Euer lausitzDADDY