Rudi - Rotbacke

Datum: Dienstag, 03. Februar 2015 08:35

Von wegen „Knut“ macht Freude. Diese Werbung mit spaßigem Weihnachtsbaum-wegwerfen können sich die schwedischen Möbelzusammenschrauber klemmen. Die Realität sieht nämlich ganz anders aus. Knut ist nicht gut, schon gar nicht für Kinder. Ich muss es wissen, denn in diesem Jahr habe ich die Wohnung entwichtelt und dafür jede Menge Kindertränen und Hautausschlag geerntet. Aber eins nach dem anderen: Jedes neue Jahr beginnt ja mit guten Vorsätzen, die man meist doch nicht einhalten kann. Ich sagte meiner besseren Hälfte, dass ich ihr in diesem Jahr zu Hause auch außerhalb meines Kompetenzbereiches (Keller und Dachboden, also alle Räume außerhalb der Wohnung ohne regelmäßiges Reinigungserfordernis) mehr unter die Arme greifen will. Leider hat sie das sofort ernst genommen und mich zum Januarbeginn beauftragt, die Weihnachtsdeko aus der Wohnung zu entfernen, und zwar komplett. Für die Installation hatte sie ja nur einen Vormittag gebraucht und wegräumen geht bekanntlich schneller. Pah, sagte ich, und was soll ich nach der halben Stunde machen? Die Kids wollten mithelfen, aber ich winkte großzügig ab. Das bisschen Haushalt macht Papa schon allein. So begab ich mich auf die Suche nach der Weihnachtsdeko. Wussten Sie schon, dass Frauen an nur einem Vormittag in einer 4-Zimmerwohnung mehrere Tausend Dekokleinigkeiten verstecken können? Ich weiß das jetzt. Hier ein Engel, da eine Figur, dort getrocknete Orangenschalen, in jedem Zimmer entdeckte ich unbekannte Welten, vieles hatte ich noch nie gesehen. Glaube ich zumindest. Nach vier Stunden meldete ich zum zehnten Mal Vollzug und wieder schüttelten die Kids und meine bessere Hälfte den Kopf. Schließlich brauchte ich bis zum Abend und verpasste Kaffee & Kuchen und unseren Nachmittags-Familienfilm. Schließlich war doch alles entwichtelt und ich durfte als krönenden Höhepunkt Knut spielen. Ich entschmückte die nadelnde Tanne und warf sie in hohem Bogen vom Balkon. Leider nahm die Flugkurve eine ungeplante Richtung ein und der Baum krachte genau auf den kleinen, einsamen Maulwurfhügel auf der Wiese vor unserer Haustür. Erst vor ein paar Tagen hatte meine Kleine beim morgendlichen Losgehen einen kleinen Maulwurf aus dem Hügel schauen sehen. Seitdem legte Sie jeden Morgen ein paar Insekten auf den Hügel, damit ihr kleiner Pelzfreund auch heil über den Winter kommt. Und nun hatte der väterliche Tannenterrorist das Heim des kleinen Spitzmauls zerstört. Dicke Krokodiltränen rollten. Ich rannte natürlich sofort nach unten, brachte die Tanne zum nachbarschaftlichen Tannenberg auf den Hinterhof und formte anschließend den Maulwurfhügel zu einer Sandburg mit allerlei Verzierungen und holte mit meiner Kleinen frische Würmer aus dem Zooladen. Papa war wieder der Beste. Aber auch das nur bis zum Abend. Da suchte meine bessere Hälfte nämlich in den Kisten des von mir fachgerecht zur Einlagerung verpackten weihnachtlichen Dekouniversums vergeblich nach dem kleinen Knet-Rentier, dass mein Töchterchen ihr zu Weihnachten geschenkt und an die Tanne gehängt hatte. Verdammt, hatte ich das nicht abgenommen? Meine Kleine sah schon wieder aus wie nach meinem Maulwurfhügel-Tannenwurf. Ich schwor, „Rudi“ zu finden und heim zu bringen. Verzweifelt verbrachte ich die Nacht in einem riesigen Weihnachtsbaumstapel auf dem Hinterhof. Ein Knut glich dem anderen, und ich suchte einen ganzen Wald nach der kleinen Knetfigur ab. Durchgefroren und erschöpft gab ich gegen Mitternacht auf. Oben angekommen, brachen trotz Misserfolg alle in Lachen aus. Ich sah aus wie Louis de Funes in „Brust oder Keule“. Die Tannen hatten mich mit einem fulminanten Ausschlag übersäht. Bei den roten Pusteln fiel meiner Kleinen prompt ein, dass sie die Knetfigur vom Baum genommen hatte, um ihrem Rudi rote Backen anzukleben. „Papa, du bis der Beste, jetzt weiß ich`s wieder“, sagte sie und holte stolz Knet-Rudi aus einer Schachtel. Erfolg ist sicher relativ, aber dieser hier war wirklich hart verdient!    Euer lausitzDADDY