Bunte Vielfalt im Netzwerk Gesunde Kinder

Datum: Montag, 30. November 2015 12:23

Seit Jahren begleiten und unterstützen die Netzwerke Gesunde Kinder nicht nur deutsche Familien von der Schwangerschaft bis zum vollendeten dritten Lebensjahr der Kinder, sondern auch Familien aus anderen Ländern und mit anderen kulturellen und religiösen Hintergründen, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Seitdem nun viele Familien aus Kriegsgebieten nach Deutschland flüchten, stehen auch das Netzwerk Gesunde Kinder und die vielen ehrenamtlich tätigen Familienpaten vor neuen und schwierigen Herausforderungen.
Als Koordinatorin eines dieser Netzwerke Gesunde Kinder habe ich mich gerade für dieses Thema entschieden, um anhand einer gut funktionierenden Patenschaft bei einer syrischen Familie bei den Leserinnen und Lesern der lausebande weiterhin für Akzeptanz, Toleranz und Verständnis zu werben und auch einmal Danke zu sagen für so viel ehrenamtliches Engagement und die vielen tollen Ausflüge und Aktionen, die vor allem mit den Kindern und deren Familien unternommen werden.
Anfang des Jahres fand ein Treffen mit Netzwerkpatinnen und meist syrischen Familien in einer gemütlichen Kaffee- und Teerunde in unserem Flüchtlingswohnheim statt. Natürlich wurden unsere Patinnen im Vorfeld gefragt und auf dieses Treffen vorbereitet. Einige äußerten auch Bedenken wegen der Kultur und der Religion in arabischen Ländern, waren aber sofort bereit, die Familien einmal zu treffen und kennenzulernen. „Genau das ist auch der richtige Weg. Lernt die Familien erst einmal kennen und lasst Euch erzählen, wie die Situation in ihrem Heimatland ist. Erfahrt von den Familien selber, was sie auf der Flucht erlebt haben und warum sie nach Deutschland gekommen sind. Gebt ihnen eine Chance, denn viele Vorurteile kann man damit ausräumen!“. Mit diesen Worten versuchte ich, meinen Patinnen und Paten die Ängste und Bedenken zu nehmen.
Für die Flüchtlingsfamilien organisierte ich eine arabische Übersetzung unseres Anliegens im Netzwerk, die mit Hilfe von Eve E., einer jungen Frau aus unserer Stadt, die mehrere Jahre im Oman gelebt und studiert hat, erstellt wurde. Die Reaktionen der Familien auf unser Angebot waren zwar etwas verhalten, aber davon ließen wir uns nicht einschüchtern. Karin E., eine Patin aus unserem Netzwerk, bot einer syrischen Familie spontan an, sie nach Hause zu fahren, da es schon etwas spät geworden war und die beiden kleinen Söhne Hamid K. (4) und Amin K. (2) schon sehr müde waren. Von da ab besuchte Karin die Flüchtlingsfamilie sehr oft, spielte mit den Kindern und half ihnen bei Ämtern und Behörden. Es folgten regelmäßige Besuche und Karin verbrachte sehr viel Zeit in der Familie. Durch ihr hilfsbereites, freundliches und engagiertes Auftreten ist sie aus dem Alltag dieser Familie einfach nicht mehr wegzudenken. Natürlich geht dieses Engagement weit über den Rahmen einer Begleitung durch das Netzwerk hinaus, doch Karin sagt selber: „Es ist ja auch eine besondere Situation und eine besondere Notlage. Diese kleine Familie musste aus ihrem Heimatland Syrien, das fast vollständig zerstört ist und in dem auf Menschen, auch auf Kinder!, geschossen wird, in ein völlig fremdes Land mit einer anderen Art zu leben und einer anderen Kultur und Religion fliehen. Hier ist alles für sie neu und fremd. Meine beiden Kinder sind leider weit weg und so habe ich eine Art Familienersatz. Ich werde gebraucht und kann Gutes tun.“
Fatima D. (30) und Ahmad K. (33), die beiden Eltern, sind sehr dankbar und besonders der kleine Amin ist überglücklich, wenn Karin zu Besuch kommt. „Karin ist uns eine große Hilfe im Alltag, bei Antragstellungen in einer Sprache, die wir noch nicht so verstehen und erst lernen müssen. Sie bereichert unsere Familie und ist für uns da und das aus tiefstem Herzen.“. Das sagte mir Fatima. Familie K. war eine der ersten Familien, die im vergangenen Jahr in unserer Stadt ankamen und die bereit waren, in der Öffentlichkeit über ihre Heimat und ihre Flucht aus Aleppo zu sprechen. Anfang des Jahres bekam die Familie eine Wohnung. Mit Hilfe vieler engagierter Menschen in unserer Stadt und ihrer Netzwerkpatin Karin, richteten sie sich bescheiden, jedoch sehr gemütlich ein. Sie sind sehr froh, hier zu sein und vor allem sehr dankbar für die vielfältige Unterstützung, die ihnen und ihren Kindern zuteil geworden ist.
Ahmad lernt zurzeit Deutsch und Fatima kümmert sich um die Kinder. Im vergangenen Monat wurde der kleine Hamse geboren. Schmunzeln musste ich, als Ahmad mir gestand, dass er seinen kleinen Sohn Hamse noch nicht so gern auf den Arm nimmt. „Er ist noch so klein und zerbrechlich.“ So unterschiedlich sind Deutsche und Syrer gar nicht. Auch deutsche Väter haben da so ihre Bedenken. „Wir sind alles Menschen, wie Du und ich, auch wir möchten uns hier ein sicheres Leben aufbauen, ähnlich dem Leben, welches wir damals vor dem Krieg in Syrien geführt haben. Unsere Kinder sollen zur Schule gehen und wir möchten gern arbeiten. Mein Mann arbeitete als Schneider und würde das auch gern in Deutschland tun. So möchten wir uns als Teil der Gesellschaft in diesem Land einbringen und Deutschland etwas zurückgeben.“ Ich muss zugeben, dass mir diese Worte doch schon ein wenig Schamröte ins Gesicht stiegen ließen. Es wird momentan so viel über Flüchtlinge gesprochen und nicht immer nur Gutes. Diese Familie beweist aber, dass sie sich integrieren und unserem Land etwas zurückgeben möchte.
Als Koordinatorin arbeite ich in diesen für alle aufregenden und herausfordernden Zeiten natürlich eng mit meinen Familienpatinnen und Paten zusammen, bin Ansprechpartnerin und unterstütze auch weit über das Netzwerk hinaus syrische Familien. Es baut alles aufeinander auf und geht ineinander über, Netzwerktätigkeit und weit darüber hinausgehendes engagiertes Ehrenamt für Familien in besonderen und unterschiedlichsten Lebenslagen. Es geht um ein gesundes Aufwachsen der Kinder, aller Kinder, egal aus welchem Land, Kultur und Religion. Unser Netzwerk begleitet z.Z. Familien, in denen die Eltern aus Deutschland, Polen, Kuba und aus Syrien kommen...eben eine bunte Vielfalt in unserem Netzwerk Gesunde Kinder.
Kathrin Lieske,
Koordinatorin Netzwerk Gesunde Kinder Guben