Patchworkfamilie, Herausforderungen und Chancen

Datum: Montag, 25. November 2013 13:19

Der Begriff Patchworkfamilie ist in Deutschland seit 1990 ein allgemein üblicher Begriff für eine Familie, in der mindestens ein Partner ein oder mehrere Kinder mit in eine neue Beziehung bringt. Diesen Familientyp gab es auch schon immer, meist war früher der Tod eines Elternteils der Grund für diesen Familientyp, heute ist der Hauptgrund Trennung oder Scheidung. So bunt und unterschiedlich wie ein Flickenteppich (patchwork) sein kann, kann auch dieser Familientyp sein.
Bei diesem Familientyp kann ein Elternteil ein Kind aus einer früheren Beziehung mit in die neue Ehe bringen. Manchmal bringen auch beide Partner Kinder mit. Das heißt beide „alten“ Familien müssen jetzt zu einer „neuen“ Familie zusammenfinden, zu einer Patchworkfamilie.   
Die unterschiedlichsten Interessen, Bedürfnisse und die Freizeit müssen neu geregelt werden. Wenn die beiden neuen Partner sich miteinander  verstehen, heißt es noch lange nicht, dass sich die neuen Geschwister verstehen. Sie nehmen jetzt einen neuen Platz in der Familienstruktur ein.  Denn gerade Kinder haben ganz empfindliche Sensoren, sie sind sehr einfühlsam, merken, ob sie vom neuen Familienmitglied akzeptiert oder ob sie benachteiligt werden.  Wichtig ist hier, die Kinder von Anfang an mit einzubeziehen. Ein Einzelkind bekommt plötzlich Geschwister. Jetzt muss das Kind nicht nur die Mutter  mit einem Partner teilen, sondern sie spielt auch noch mit den Kindern des Partners.  Das Kind muss auch die Erfahrung machen, dass alle Kinder in der Patchworkfamilie gleich wichtig sind und, dass keines von dem anderen Partner bevorzugt wird. Natürlich ist die Bindung zum eigenen Kind enger als zu den Kindern des Partners.

Und gerade deshalb erfordert diese Situation so viel Fingerspitzengefühl. Sie müssen sich nicht schlecht fühlen, wenn Sie das Kind Ihres Partners nicht so lieben wie Ihr eigenes Kind, aber Sie müssen es akzeptieren und respektieren. Um dem neuen  Zusammenleben eine Chance zu geben, stehen Zeit und Verständnis an oberster Stelle. Geben Sie Ihrem Kind das Gefühl, dass Sie es ernst nehmen und vor allem, dass Sie es genauso lieben wie eh und je. Am Anfang wird das neue Geschwisterkind häufig als Konkurrent angesehen. Denn die Position des Kindes ändert sich nun. War es vorher Einzelkind, muss es nun plötzlich vieles teilen.
Die nächste Herausforderung entsteht, wenn das neue Paar ein gemeinsames Kind bekommt. Denn dann wird ein Teil der Liebe der Eltern mit dem neuen Geschwisterkind noch geteilt. Hier spielen dann wieder ganz neue Faktoren eine Rolle.
Fragen zur Erziehung können manchmal auch zum  Problem werden. Wenn die Partner unterschiedliche Ansichten zur Erziehung haben und diese dann vor den Kindern ausdiskutieren. Hier ist es wichtig, Erziehungsfragen mit dem neuen Partner vorher abzusprechen, so dass eine gemeinsame Entscheidung möglich ist und sich keiner übergangen fühlt.
Um die neue Situation besser zu verarbeiten, ist es auch wichtig, immer wieder gemeinsam über die schönen Dinge, aber auch Schwierigkeiten zu sprechen. Nur so können Sie den Anderen wirklich verstehen, so kann der Zusammenhalt gestärkt werden und das Verständnis für die anderen Familienmitglieder wächst.

Es gibt auch viele schöne Seiten, die eine so bunt gemischte Konstellation wie eine Patchworkfamilie mit sich bringt. Beispielsweise haben die Kinder viele Bezugspersonen, an die sie sich wenden können. Diese Kinder weisen häufig eine höhere Sozialkompetenz auf.  
Sie sind plötzlich eine Großfamilie. Sie sind am Nachmittag nicht mehr alleine und haben jetzt immer jemanden zum Spielen.

Für Patchworkfamilien gibt es Beratungsstellen, die  sich direkt auf diese Familienkonstellation spezialisiert haben. Aber denken Sie immer daran, auch eine Patchworkfamilie muss erst langsam zusammenwachsen. Und wie sagte Katharina Grünewald als Beraterin für Patchworkfamilien: „Eine konkrete Vorstellung davon, wie eine Patchworkfamilie funktionieren kann, ist noch nicht in unserer Gesellschaft angekommen. Als Orientierung gebendes Leitbild funktioniert unbewusst immer noch das Modell der Kernfamilie.“ Und das heißt: „Lieben, Ehren und Achten in guten wie in schlechten Zeiten bis der Tod uns scheidet. Ja, ich will.“ 

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