Einkaufswahn

Datum: Freitag, 28. Oktober 2011 14:07

Väter, seit vergangenem Wochenende weiß ich, warum Einkaufen Frauensache ist. Auch wenn er Supermarkt heißt – nichts daran ist „Super“. Ich weiß jetzt, warum schon unsere Urahnen lieber stundenlang in Wäldern herum hockten und ab und zu mal ein Stück Wild erlegten, während ihre Urfrauen die Kinderschar hüteten und dabei noch im unübersichtlichen Dschungel die richtigen Beeren und Pilze aus der steinzeitlichen Warenauslage einkauften, äh einsammelten.
Heute kann ich als erfolgreicher Vertreter der männlichen Spezies super stundenlang vorm Computer sitzen und Probleme lösen – aber Einkaufen, das ist das Grauen. Diese Erfahrung machte ich, als meine bessere Hälfte vor wenigen Tagen mit dem halbjährlichen Fellwechsel beschäftigt war (alle Sommersachen aus den Schränken in luftdichte Tüten in die Kisten auf dem Dachboden, alle Wintersachen aus den luftdichten Tüten aus den Kisten auf dem Dachboden in die Waschmaschine auf die Wäscheleine und dann in die Schränke), bei sechs Familienmitgliedern eine Maßnahme, mit der der Weiße Riese eine neue Wäscheleine quer durch das norddeutsche Tiefland spannen könnte. So ereilte mich der Auftrag, am Tag des Fellwechsels unsere beiden kleinen Zwerge einzuladen und den Wochenendeinkauf zu erledigen. Kein Problem für Super-Daddy – dachte ich. Schließlich war ich schon unzählige Male mit einkaufen – stumm am Wagen fest geklammert, während  meine Frau binnen zehn Minuten den Einkaufswagen vollgeladen und nebenbei die Kinder unterhalten hatte. Das kann so schwer doch nicht sein. Am Supermarkt angekommen, dann der erste Schock: die Liste war weg. Ich hatte mir daheim extra eine lange Liste notiert, was in welcher Reihenfolge im Wagen landen sollte. Ein Mann ohne Liste im Supermarkt – das ist wie der Aufbau einer IKEA-Schrankwand ohne Aufbauanleitung. Mit dem Mut der Verzweiflung rief ich den besprochenen Einkauf aus meinem Gedächtnis ab. Zuerst Hygiene-Artikel, das ging noch. Dann Nudeln – wer hat sich denn gottverdammt so viele Nudelsorten einfallen lassen. Da heißt es, den Italienern geht es schlecht – dabei liegen im Supermarkt Tonnen tausend verschiedener Sorten Barillas, Tortellinis und Spaghetti herum. Bei der Auswahl aus unzähligen Sorten Maiskonserven steigerte sich meine Verzweiflung langsam. Beim Gemüse scheiterte ich dann erstmals völlig. Wussten Sie, dass es weltweit 4070 verschiedene registrierte Tomatensorten gibt? Hier hatten sie alle! Irgendwie war auch schon fast eine halbe Stunde rum und die Kinder wurden unruhig – sie waren den Einkauf ja eher als Einsammel-Sprint gewohnt. So ereilte mich irgendwann auch die Rache der Kinder. Als ich vor einem Kosmetik-Regal in Ausmaßen der chinesischen Mauer ein Duschbad wählen wollte, war die Kleine plötzlich verschwunden. In drei Sekunden verlor ich über die Achseln 50% meines Wasserhaushalts. Zum Glück reagierte sie auf mein Rufen aus der benachbarten Spielzeugabteilung. Warum bitte haben Supermärkte eine Spielzeugabteilung? Auch hier ein riesiges Angebot – an dem wir sonst immer mit klaren Ansagen vorbei steuern. Aber meine Kleine hatte registriert, dass ihr Papa die Sache nicht im Griff hat und nun ihre Chance gekommen ist. Sie will dieses Pferd mit Wagen. Och bitte Papa. Bitte Pappa! Nach drei „Nein“ entwaffnet sie mich mit Tränen, drei Mütter blicken in den Gang, was für ein böser Rabenvater ich doch bin. Ich bin ohnehin mit den Nerven fertig, und kaufe das Pferd mit Wagen und noch das unbedingt notwendige Plüschtier. Mit letzter Kraft habe ich mich dann zur Kasse geschleppt. Am Ende des Tages brach meine Frau dank Spätöffnungszeiten 20  Uhr auf, um den fehlenden halben Einkauf zu besorgen, während ich beim Einsortieren des Fellwechsels in die Schränke verzweifelte. Aber dazu ein andermal …