Draußen-Spielwelt

Datum: Mittwoch, 04. April 2012 09:31

Waren Sie bei den ersten Sonnenstrahlen mit Ihren Kleinen auch gleich in der Natur? Was haben wir uns darauf gefreut – endlich Schluss mit dem vielen Pferdchen spielen, mit Memory & Co. in der Drinnen-Spielwelt. Als das Thermometer endlich zweistellig wurde, ging es gleich auf in unseren Garten. Der ist eigentlich weniger Garten und kennt keine deutsche Gartenspartenpflanzordnung, er ist viel mehr ein multifunktionaler Abenteuerspieplatz. Tischtennisplatte, Trampolin, Tischkicker, Bolzplatz samt zwei Toren, Schaukel, ein Sandkasten mit dem Volumen eines Umzugslasters, Pferdestall und rollbares Kuschelpferd, Riesen-Ritterburg mit zwei Geschossen, an die 1000 Bälle in allen Größen und Farben – und irgendwo in der Ecke zwei Klappstühle für Mama und Papa. Das ist unsere Draußen-Spielwelt. Da ist Papa auch stolz wie Bolle drauf! Tolles Angebot, sollte man meinen. Aber kaum im Garten, strafen unsere Kleinen wie meist das vermeintliche Spielparadies ab, schnappen sich jeder einen Stock und stellen die unvermeidliche Frage, ähm Forderung: Papa, spielst du mit „so“? Ach bitte Papa, spiel schon mit. Machst du? Natürlich macht Papa. Zur Erklärung: Das Spiel „so“ funktioniert ganz einfach. Jeder schnappt sich einen Stock, dann tauchen alle in eine fiktive Geschichte ein und samt Stock wird gemeinsam durch eine magische Welt mitten in unserem Garten gekämpft, geritten, gesucht. Heute sind wir bei den Rittern, Papa muss natürlich der schwarze Ritter sein und die „Guten“ jagen. Die Kleinen haben sich zu den Guten gemacht, sie haben ja auch die Geschichte im Griff. Tischtennisplatte & Co. schauen traurig aus der Ecke zu, während unser Abenteuer beginnt. Um schnell zu meinem Kaffee zu kommen, will ich wie im Vorjahr mal schnell die Guten fangen und im Pferdestall einsperren. Aber ich hatte die Rechnung ohne meine eigene Winter-Schreibtischtäter-Trägheit gemacht. Der schwarze Ritter war allenfalls eine stolpernde Pummel-Hummel. Und was bitteschön passiert mit Kindern im Alter von 5 bis 8 Jahren? Die werden über den Winter ja nicht träge, ganz im Gegenteil staut sich die Aktivität in ihnen an und wird unvorstellbar komprimiert. Beim ersten Gartenbesuch zündeten die Kleinen jedenfalls einen Turbo und entwickelten eine unvorstellbare Geschwindigkeit, gegen die selbst Superman wie eine flügellahme Fruchtfliege gewirkt hätte. So wuselten die „Guten“ unerreichbar unter dem Tischkicker durch, um die Tischtennisplatte herum und durchpflügten den Sandkasten. Der schwarze Ritter war bereits nach zehn Minuten mächtig ramponiert – hier gestoßen, da die Hose, ähm Rüstung aufgerissen und zu allem Übel auch noch auf einen Ball getreten, hingefallen und die Hand gestaucht. Ich verwünschte „so“ und sehnte mich nach meinem Kaffee. Aber ich hatte keine Chance. Während jedes andere Spiel sein bestimmtes Ende hat, haben die Kleinen bei „so“ ständig eine neue Idee parat und ändern die Regeln. So hatte ich sie in die Ecke getrieben, musste nur noch zugreifen – ja, der schwarze Ritter in mir fletschte die Zähne, während sich der Schreibtischtäter schon auf Kaffee und Klappstuhl freute – da riefen die Kleinen „zick“. Oh Gott, „zick“ bedeutet, so erfuhr ich dann, dass sie jetzt unantastbar sind. Kinder können sehr brutal sein, vor allem wenn der schwarze Ritter schon schnauft wie eine Dampflok, die gerade die Auffahrt zum Großgklockner hinter sich hat. Stunden später hisste er die weiße Fahne. So saß ich einen Tag später vom Wochenende gezeichnet wieder hinter meinem Schreibtisch. Lädiert, mit Schmerzen in der Hand und Muskelkater im Gesäß. Den Kollegen erzählte ich irgendwas von Marathon, Extremsport und so. Endlich wieder Frühling. Na ja, das wird schon.