Traditionsreich

Datum: Mittwoch, 25. April 2012 10:45

Das Vaterleben kann schwer sein, wenn man im Familienwettbewerb die schönsten Eier haben möchte. Nicht was Sie jetzt denken – wir sind doch ein Familienmagazin. Es geht um Ostern, das wir in diesem Jahr erstmalig in sorbischen Traditionen verlebt haben. Seit wir aus einer anderen Region Brandenburgs hierher ins Sorbenland zogen, haben wir zwar jedes Jahr diese bunten Ostereier-Kunstwerke bewundert, aber mit unserer Familie hatte das nichts zu tun. Zumindest bis in diesem Jahr unser Kleiner aus der Schule heimkam und stolz von seinem ersten Versuch an einem sorbisch-traditionell verzierten Osterei berichtete. Davon wollte er jetzt mehr, mit Wachs, so schön bunt – und auch seine Schwester und meine bessere Hälfte waren gleich hellauf begeistert. Mit einer befreundeten Familie wurde gleich ein ganzer Wochenendtag kurz vor Ostern zum gemeinsamen Verbunten von  Hühnerendprodukten vereinbart. Was die Sorben können, können wir schon lange, dachte ich. Als Schreiberling ja eigentlich recht kreativ und mit den Händen geübt, wollte ich meinen Kleinen zu den schönsten Eiern verhelfen, die die Sorbensonne je gesehen hat. Siegesgewiss reiste ich am besagten Wochenende samt Familie an, ausgerüstet mit einer Eier-Palette (natürlich weiße Schalen), etlichen leeren Gurkengläsern (gibts ja hier auch zur Genüge) und Eierfarben. Unser Gegenüber hatte für die Ausrüstung zum Verzieren gesorgt. Während die Frauen ein Käffchen tranken, wurden unter uns Männern die Fronten geklärt: ER: Handwerksmeister, knapp zwei Meter, Handteller in der Größe von Toilettendeckeln und ich: der schmächtige Schreiberling. Beim Bemalen roher Eier witterte ich schon den Vorteil. Aber sie mussten ja erst einmal roh werden – und so machten wir uns gleich ans Auspusten. Bei Männern wird das von Anbeginn zum Wettbewerb. Ich glaube, ER arbeitet teilzeit auch noch als Blasebalg in einer Schmiede. Ein Puster und seine Eier waren leer, während mir auf halbem Weg schwarz vor Augen wurde. Dennoch hielt ich bis zum zehnten Ei mit, außen cool, innen speiübel. Ich überlegte, ob ich im Fall des Falls meinen Mageninhalt unauffällig durch das auszublasende Ei in die Schüssel darunter befördern könne. Zum Glück kam in dem Moment mein Kleiner mit einer zwar nicht so wichtigen Frage, die ich ihm aber auf der Stelle und in aller Ausführlichkeit beantworten musste. Na ja, beim Verzieren würde schon meine Stunde schlagen. Dazu bekam jeder einen Eierhalter und heißes Wachs samt Federkielen und eigenartigen Instrumenten vorgesetzt. Schicht für Schicht sollten wir nun Wachsmuster aufbringen und nacheinander färben. Ich begann mit Wachstupfern und einem dunklen Grün und folgte mit Wachs-Blumen und einem hellen Rot. Ha, ich hatte den vermeintlichen Konkurrenten zur zweiten Färberunde überholt und bemerkte das auch laut gegenüber den Kindern: Schaut mal, Papa kanns. Vielleicht hätte mir jemand verraten sollen, dass auch die Reihenfolge der Farben entscheidend ist. Drei Minuten später löffelte ich ein scheißbraunes Ei aus dem Gurkenglas, das mit seinen Wachspickeln wie die Last Order einer in Tschernobyl aufgewachsenen Legehenne anmutete. Alle staunten: Boah, sieht das eklig aus. Wir hatten noch nicht einmal angefangen, da war der Wettbewerb für mich schon zu Ende. Die restliche Zeit ließ ich dann den Mitmach-Papa raushängen, der lieber seinen Kindern hilft, während Schmetterhand mit der Sensibilität eines Uhrmachers ein Kunstwerk nach dem anderen schuf – und meine Kleinen auch noch damit beschenkte. Zu allem Übel wurde Papas „Scheißei“ dann auch noch dokumentiert und auf facebook gepostet. Mein einziger Trost: 134 Mal „gefällt mir“, das gibts wohl auch nur da.

Euer lausitzDADDY