Verbrecherjagd

Datum: Donnerstag, 31. Januar 2013 08:43

Die Drinnensaison ist für Familien, die eher Unternehmungen in der Natur lieben, nicht die einfachste Zeit. Zumal bei diesem Winter, der endlich mal wieder klar gemacht hat, warum Winter von althochdeutsch „wintar“ und damit eigentlich von „nasse Jahreszeit“ herrührt. Frühjahr, Sommer, Herbst und Scheiße heißt das in Kurzform.
Jedenfalls verurteilte dieser Zustand vor der Haustür unsere Kleinen zum Spielen in der Wohnung. Die großen Renner in diesem Jahr waren geheimnisvolle Detektiv-Recherchen und mit meinem Jungen ein immerwährendes Austricksen, manchmal auch beides in Kombination.
Vor allem das Austricksen sorgte für den wohl unterhaltsamsten und gleichzeitig peinlichsten Moment der vergangenen Wochen. Unter „Männern“ ist das ja auch kein Spiel, sondern wird ruckzuck zum Wettkampf. Was mit dem Verstecken hinter Vorhängen und Türen und dem üblichen „Huuaah!“-Erschrecken begann, wurde mit der Zeit immer ausgeklügelter geplant. So rannte ich nach einem Türklingeln und der Ansage von meinem Kleinen, dass Mama mit ganz viel Einkauf unten steht, vergebens die Treppen hinunter, während ich ihn mit einem Barbie-Aufkleber auf dem Rücken seiner Jacke in die Schule schickte (hihi). Ein Running-Gack meines Jungen wurde allerdings das Klopfen an die Wohnungstür, wie das unsere Nachbarn bei ihren häufigen Besuchen tun. Nachdem ich bestimmt schon zwanzig Mal vergebens gerannt war, klopfte es wieder im Sohnemann-Stil, als ich gerade unter der Dusche stand. Grinsend kam er ins Bad und sagte, Frau Nachbarin steht vor der Tür, „wirklich“! Sie kennen sicher diesen Blick, wenn Kinder ihre Vorfreude auf einen bevorstehenden Reinfall nicht verbergen können. Ich schwöre, er hatte genau diesen Blick. Also bewies ich ihm, wie gut ich ihn kenne. Nackt stiefelte ich zur Wohnungstür und riss sie schwungvoll auf, sicher, dass davor ohnehin niemand steht. Ich irrte mich. Unsere Nachbarin war sichtlich irritiert. Sie wollte nur zwei Eier zum Backen borgen, stammelte sie, während ich die meinen so gut es ging bedeckte.
Die Recherchen unserer Detektiv-Bande waren dagegen doch um Einiges harmloser. Zumindest bis zu dem Nachmittag, an dem Papa als Super-Verbrecher sein Unwesen in der Wohnung treiben musste. Natürlich nahm mich das Detektiv-Duo fest und fesselte mich am Pfosten des Hochbetts. Professionell, mit Beinen und Armen. Im Nachhinein bin ich erstaunt, wie viele Knoten Kinder im Alter von sechs und neun Jahren schon beherrschen. Ich konnte mich tatsächlich nicht befreien. Nun kam mein kleiner Austrickser und nutze die Gelegenheit zum nächsten Schlag. Er holte die Kinder unserer Nachbarn und veranstaltete ein großes Verbrecher-Zielwerfen mit kleinen Gummibällen. Auf den Kopf gab es 100 Punkte. Auf drei Meter Entfernung verfehlten sie trotz Gegenwehr die Höchstpunktzahl leider nur selten. In einem guten Film hätte ich mir den Daumen gebrochen, um mich zu entfesseln und die Strolche in die Flucht geschlagen. So musste ich auf meine bessere Hälfte warten, die erst eine Stunde später nach Hause kam. Aber auch sie nahm erst mal 5 Runden mit insgesamt 500 Punkten am Wettbewerb teil. Anschließend wurden noch etliche Siegerfotos vor der lebenden Verbrecher-Zielscheibe angefertigt, bevor ich endlich befreit wurde und wieder Papa sein durfte.
Leider blieb das nicht ohne Nachwirkungen. Zu Ostern haben sich die kleinen für Papa ein Kostüm gewünscht, mit bunten Armen und Beinen sowie Kreisen auf dem Bauch – damit sie beim nächsten Mal die Treffer besser zuordnen können. Na ja, man könnte ja auch als Hampelmann mit Zugschnur enden. Aber erzählen Sie meinen Kindern bitte nichts von dieser Möglichkeit!

Euer lausitzDADDY