Freibadbesuch

Datum: Donnerstag, 27. Juni 2013 09:51

Ausflüge in Freizeitbäder sind für Väter von Natur aus kein Zuckerschlecken. Die Figur lässt die Athletik früherer Zeiten missen, der werdende Bauch ist immer schwerer einzuziehen, die Haare sprießen inzwischen genau dort, wo sie es nicht sollen und die Büro- bzw. Arbeitsblässe schafft den passenden Untergrund, dass es auch alle erkennen können. Unter diesen Voraussetzungen ist das schon wenig berauschend, was wir da auf die Fliesen bringen. Aber ausgerechnet dort stehen Väter auch noch im Mittelpunkt des fraulichen Interesses. Aus irgendeinem Grund sind Väter die alleinig Zuständigen, wenn es darum geht, den Kleinen hinterher zu flitzen, unzählige Treppentürme zu Riesenrutschen zu erklimmen, Wasserungerheuer zu spielen – und die anwesende Mütterschaft bewertet das genau in einer Art geheimer, kollektiver Jury. Je unschöner und dicker die Kinder, desto schwerer hat man es.

Für unseren letzten Ausflug hatte ich aber den vermeintlichen Joker in der Freizeitbad-Tasche. Wir waren nämlich einen Tag vorher shoppen und meine Kleine beharrte mit ihren 6 Jahren darauf, dass sie unbedingt „diesen schicken Bikini“ will. Meine bessere Hälfte machte eine klare Ansage: Da gibt es doch noch Nichts, wozu man einen Bikini braucht. Automatisch richtete meine Kleine ihre rehbraunen Augen auf mich und sagte langgezogen „... der ist doch soooo schöööön, oooh bitttee“. Wenn Väter von sechsjährigen Töchtern mit braunen Augen so angeschaut werden, wird das Vernunftzentrum im Gehirn schlagartig außer Kraft gesetzt und macht einem sofortigen Kaufreflex Platz. Wir können nichts dagegen tun, wirklich. Gegen den Protest meiner Frau kaufte ich diesen überaus notwendigen Bikini. Am kommenden Tag in der Umkleide des Freizeitbads dachte ich: Super, dann schaut die Mütterschaft doch eher auf die Kleine. Leider hatte ich meine Rechnung ohne die Auswirkungen eines Bikinis auf das Verhalten von Kleinkindern, ähm Kleinfrauen gemacht.
Eine Stunde später kletterte ich samt Bikinimaus nämlich aus dem Rutschenbecken und sie sagte, dass sie unbedingt auf Toilette müsse. Kein Problem dachte ich und ging mit ihr schnurstracks – wie immer – zum Jungsklo. Der Bikini hatte sie aber innerhalb einer Stunde in eine Frau verwandelt. Sie könne nicht auf das Männerklo, nicht mit diesem Bikini. Dann machst du eben einfach ins Planschbecken, sagte ich wenig pädagogisch wertvoll. Leider hatten wir seit Jahren sehr glaubwürdig vermittelt, dass sich das Wasser im Freizeitbad ringsum sofort blau verfärbt, wenn jemand hineinpullert. Mit klugem Vaterblick sagte ich, dass ich genau weiß, dass die Färbetabletten heute ausgegangen sind. „Ist doch egal Papa, ich würde sowieso niieee in den neuen Bikini pullern“, es war zum Verzweifeln. Mir blieb kein anderer Weg, ich musste mit ihr auf den Rückzugsort für Frauen, den Blick schon beim Eintreten schamvoll gesenkt. Ausgerechnet in diesem Moment hatten sich scheinbar die Feministinnen der gesamten Lausitz in dieser Damentoilette versammelt. Frauen meckern ja nicht, Frauen tuscheln und schauen strafend. Ganz besonders auf überfüllten Damentoiletten, bei denen Mann auch noch anstehen muss. Als sich endlich vor uns die Tür zu einer Kabine öffnete und wir dran waren, atmete ich erleichtert auf – und stand einer Frau gegenüber, die nach dem Geschäft ihren Körper noch nicht ganz im Badeanzug verstaut hatte. Ausgerechnet sie. Zwei stets schlecht gelaunte Zentner Frau, die ich von der Arbeit her kannte und die als Gleichstellungsbeauftragte meine Ansprechpartnerin für das Projekt eines Kunden ist. Was sagt man in so einem Moment? „Ähm, da guckt noch was raus ...“ oder „ ...so sieht man sich wieder“? Sie blickte mich in einer Mischung aus Maggie Thatcher und Medusa an und ich versteinerte wortlos auf dem Damenklo. Als ich fünf Minuten später wieder das Freizeitbad betrat, waren scheinbar alle anwesenden Mütter längst im Bilde. Ich war der perverse Damenklospanner, der seine Tochter nur als Vorwand benutzt. Da half auch die süße Tochter im Bikini nichts mehr. Also Väter, schützt euch vor diesen Bikinis, sie sind nicht so niedlich, wie sie aussehen.             

Euer lausitzDADDY