Was man nicht alles tut!

Datum: Mittwoch, 26. Februar 2014 13:06

Liebe Frauen, seit dem vergangenen Monat weiß ich, wie hart ihr tatsächlich im Nehmen seit. Ausgerechnet meine Kleine hat mir diesen Einblick verschafft – auch wenn ich mir das im Nachhinein gern erspart hätte.
Alles begann vor einem Jahr mit dem Wunsch meiner Kleinen nach Ohrringen. Über ein Jahr hinweg retteten wir uns mit Plüschtieren und allerlei Ablenkungen immer wieder aus der Ohrringdebatte, aber Ohrringe sind für kleine Töchter, was das Smartphone für pubertierende Teenies. Mit dem gut trainierten Kullerblick eines frisch geschlüpften Robbenbabys nötigte unsere Kleine uns schließlich das Versprechen ab, ihr bei einem guten Halbjahreszeugnis endlich die ersehten ersten Ohrringe zu holen. Das Zeugnis hätte besser nicht sein können – und so wurde für einen Samstag der große Tag angesetzt. Ausgerechnet dieser Tag begann für meine bessere Hälfte mit starken Bauchschmerzen – aber noch mehr schmerzten die Kullertränen unserer Kleinen, als wir wagten, eine Terminverschiebung des großen Tags zu diskutieren. „Papa macht das schon“ warf ich mich schließlich nach vorn und augenblicklich schien meiner Kleinen die Sonne aus dem Gesicht. Voller Vorfreude überredete sie mich, das wir heute auch die Straßenbahn nehmen, damit auf dem Rückweg möglichst viele Leute ihre ersten Ohrringe sehen können. Im Schmuckladen eines Einkaufszentrums hatte sie schon vor Monaten ihre Wahl getroffen: niedliche Marienkäfer sollten es zur Premiere sein. Die ältere Verkäuferin sah meine Kleine nachdenklich an und rief in einen Hinterraum: „Helga, hol mal die Ohrpistolen“. Beim Wort „Pistolen“ schaute meine Kleine plötzlich skeptisch und als die Damen die Ohrlochschießgeräte auspackten, war die Vorfreude ganz weg. Ob das weh tut? Nein, sagte ich, das zwickt nur kurz. Woher ich das wisse? Na, weil Papas sowas wissen. So ging es hin und her, bis sie mich schließlich überredet hatte, ihr zu zeigen, dass es nur kurz zwickt. Wie schaffen Kinder das nur? Jedenfalls fand ich mich im Stuhl in der Ladenecke wieder und Helga samt Kollegin setzten an meinen Ohren die Pistolen an und schossen drauf los. Boah! Ich fühlte eine Explosion in meinen unschuldigen Ohrläppchen, tat aber „ganz Mann“ unbeeindruckt vor meiner Kleinen. „Siehst du, tut doch gar nicht weh“ quälte ich mir ein Lächeln ab. Die Käferohrringe pulsierten in meinen Ohren, im Laden hatte sich zwischenzeitlich eine kleine Zuschauerkulisse eingefunden. Jedenfalls hatte ich bewiesen, wie toll und einfach das ist – glaubte ich bis dahin. Die Verkäuferinnen wollten nun wie geplant die Ohrringe wieder entfernen und dann bei meiner Kleinen einschießen. Was für ein Schmerz! Die Dinger bewegten sich kein Stück aus meinen Ohrläppchen und mir wurde schwarz vor Augen. Es half nichts, die Verkäuferinnen gaben nach einigen Minuten auf. Ich verließ hochrot mit meiner Kleinen und schicken Marienkäfern an den Ohren den Laden. Stolz erzählte sie auf dem Rückweg jedem von ihren neuen Ohrringen, die nun der Papa heimträgt. Verdammt viele Leute hörten ihr belustigt zu – und betrachteten mich dann recht skeptisch. Das große Drama passierte aber in der Straßenbahn. Ich hatte meine Geldbörse bei allem Stress im Laden liegen lassen und merkte das erst nach der Abfahrt vorm Kartenautomaten. Ausgerechnet an diesem Tag kam auch noch ein missgelaunter Kontrolleur, dem ich meine Geschichte erzählen musste und auf Verständnis hoffte. Die gesamte Straßenbahn schwieg. So was Blödes hätte er noch nie gehört, sagte der Kollege schließlich unter beifälligem Nicken der Fahrgäste. Irgendwie musste ich ihm ja Recht geben. Den Nachmittag verbrachten wir dann beim HNO-Bereitschaftsarzt, der meiner Kleinen absolut schmerzfrei zu Ohrlöchern verhalf und die Käfer sozusagen von mir zu ihr transplantierte. „Mensch Papa, wegen dem pippi machst du so einen Aufstand“, bekam ich auf den Heimweg von ihr auch noch den Rest – mit dem Zusatz: „du kannst dich ja Zuhause aufs Ohr hauen. Hihi“.
Euer lausitzDADDY