Auf allen Vieren

Datum: Montag, 31. März 2014 13:31

Ich dachte immer, ich könnte als treusorgender und manchmal wahrscheinlich auch treudoofer Vater niemandem auf der Welt so viel verzeihen, wie meinen eigenen Kindern. Da hatte ich die Rechnung ohne ein hundgewordenes Zwergkaninchen namens Yorkshire Biewer Terrier gemacht. Genau ein solcher ist vor einigen Wochen bei uns eingezogen. Der kleine Hund war unsere äußerst konsequente Antwort auf eine beständige Tonschleife von einem gefühlten Jahrzehnt, in der unsere kleine Tochter sich immer wieder einen Hund wünschte, weil sonst bald die Welt untergeht. Sie war aber auch so beharrlich, dass selbst die Majas nachgegeben hätten. Jedenfalls darf ich jetzt immer eine Viertelstunde früher aufstehen und dann bewegen sich in der Dämmerung zwei zerzauste und übel aus dem Mund riechende Gestalten auf den Hof. Fürs Einsammeln der Hinterlassenschaften werde ich auf dem Rückweg ordentlich abgeschleckt.
Ansonsten hat meine bessere Hälfte die Hoheit über die Erziehung – aber so war das bei uns ja schon immer. Ich bin wohl eher so ein Kumpel von unserer Fußhupe. Meine Kleine bringt ihm dagegen allerlei Kunststücke bei und wetzt mit ihm in der Wohnung herum – zwei Stubenterrier auf acht Pfoten.
Ich werde immer dann gefragt, wenn die ungeliebten Aufgaben anstehen. Wie z.B. im Dunkeln auf den Hof gehen und dann die kleinen Häufchen suchen. Und wehe, man findet die nicht. Schräg gegenüber wohnt auch bei uns ein pensionierter Revieraufpasser, der immer hinter der Gardine herumlungert und garantiert ein CSI-Labor im Keller hat, mit dem er mich anhand der Exkremente unseres kleinen Wuffels überführen würde. Noch schlimmer ist es allerdings, wenn die Taschenlampe den Geist aufgibt. So krauchte ich eines morgens gegen sechs suchend auf allen Vieren an der Stelle, an der unsere Fußhupe diese eigenartige Kauerstellung eingenommen hatte. Dabei hatte der gar keinen Haufen gemacht, sondern an einer Riesenwurst geschnuppert, die wahrscheinlich eine kalbsgroße Dogge nach einwöchiger Verstopfung in unseren Hinterhof gepflanzt hatte. Die war so riesig, dass ich gleichzeitig mit einer Hand und beiden Knien darin landete. Seitdem schaut mich der Revieraufpasser immer sehr wütend an – der ist sicher überzeugt, dass ich auf allen Vieren dieses Riesenteil abgeseilt habe. Noch mehr irritierte Blicke erntete ich aber am folgenden Abend. Ich wollte zu Liam Neeson ins Kino und mit ins Flugzeug steigen, um mit ihm den Bösen zu entlarven. Meine bessere Hälfte musste aber am gleichen Abend zu einem kurzfristig anberaumten Elternabend. Hundewelpe allein zu Haus, das brachte ich nicht übers Herz und schmuggelte ihn in unserer kleinen Hundetasche mit ins Kino. Wahrscheinlich war unser Hündchen vom Riesendoggenhaufen am Vortag so überwältigt, dass diese Erfahrung nun in der Tasche verarbeitet wurde. Ab der Hälfte des Films rümpften um mich herum alle ihre Nasen und betrachteten mich mit einem angewiderten Blick. Ich tat ganz unbeteiligt. „Papa, hat der Mann da eingeschissen“ fragte schließlich ein Kind in der Reihe hinter mir und zeigte auf mich. Ich nahm schweren Herzens das unfreiwillige Hundeklo und verließ den Saal. Verdammt, und Liam war dem Täter gerade so dicht auf der Spur.
Ein paar Tage später startete dann im Garten die große Hundevorführung, zu der allerlei Freunde eingeladen waren. Meine Kleine gab Kommandos, und Hündchen machte immer fein Platz, Sitz oder Bleib. „Papa, jetzt bis du dran“, freute sie sich und alle Anwesenden waren auf meine Tricks gespannt. Aber ich hatte doch gar keine. Schließlich ließ ich mich auf alle Viere vorm Hund nieder, wie bei der Riesenwurst. Und was macht unsere Fußhupe? Wie auf ein Signal einen Riesenhaufen. Alle applaudierten. Ich war unendlich stolz. Manchmal muss man eben sprichwörtlich durch die Scheiße gehen, um letztendlich Erfolg zu haben.        
Euer lausitzDADDY