lausebande-02-2019

Kolumne :: Seite 64 lausitzDADDY Innenansichten eines verzweifelten Vaters meine Kids. Jedenfalls packte sie eine Handyschale nach der nächsten aus. Ich dachte, da wäre etwas gründlich falsch gelaufen. Aber ihre Freude steiger- te sich tatsächlich von Päckchen zu Päckchen. Hier eine Gummischale in hellblau mit einem Einhorn, das am oberen Rand übers Handy schaut, dort eine Hülle mit einem beweglichen Gel in Regenbogenfar- ben, an einer weiteren baumelten Piercings und ein gefühltes Kilo Anhänger, die nächste hatte Panda- Ohren. Heute ziehen Mädchen nicht sich selbst be- sonders kreativ an, sondern ihr Handy. Meine Kleine machte mir klar, wie cool das alles sei und das so ein Handy in der richtigen Hülle unheimlich viel über die Personality seiner Besitzerin aussagt. Pörsooo- näälitti raunte ich schmunzelnd. Natürlich machte ich mich lustig. Ob das Handy im Winter nicht einen Nierengurt und eine Bommelmütze brauche oder noch einen schicken Bikini für den Sommer? Wenn es doch so stilprägend in der Community sei? Meine Kleine war schwer beleidigt. Ich würde schon sehen, dass so eine Hülle ein richtiges Statement ist. Stäääitmääänd raunte ich wieder. Das alles war zum Jahresbeginn längst vergessen, als ich abends wieder mal auf den letzten Drücker zu einem Geschäftstermin aufbrach. Eine abendliche Präsentation vor gut zwanzig wichtigen Wirtschafts- vertretern. Ich hatte mich viel zu spät unter die Dusche und in den Anzug geworfen, meine Kleine wartete vorsorglich mit dem Mantel und reichte mir die Autoschlüssel, Wohnungsschlüssel und Handy hatte sie schon in den Mantel gepackt. „Handy ist schon lautlos“, gab sie mir im Hinauseilen zu verste- hen. Gerade noch rechtzeitig begann meine Präsen- tation. Nach zehn Minuten klingelte plötzlich mein Handy. Beim zweiten Mal murmelte ich eine Ent- schuldigung, ging zu meinem Mantel – und plötz- lich starrte mich ein Einhorn über meinem Display an. Eine himmelblau-quietschrosa Handyhülle samt Einhorn zog alle Blicke auf sich. Ich murmelte etwas von Kindern, Personality und einem echten State- ment. „Na, Einhörnchen“, raunte meine Kleine beim Nachhausekommen. Seitdem bin ich in Fachkreisen wirklich als „... der mit dem Einhörnchen“ bekannt. Verdammt, wie sich Statussymbole doch ändern. Euer lausitzDADDY Können Sie sich noch an Statussymbole Ih- rer Kindheit und Jugend erinnern? Bei mir war das noch der Ausklang längst verges- sener Ostzeiten. Damals waren Knöchelturnschuhe das Megading, aus Ungarn oder dem Westen besorgt oder bei einem rationierten Verkauf der Jugendmode einfach Glück gehabt. Mit Halbturnschuhen war man allenfalls eine halbe Portion. Ich hatte aus einem Un- garnurlaub Knöchelturnschuhe mit bunten Stiften in der Sohle, außen und innen jeweils vier. Ich erinnere mich noch an den Volkstrauertag, als der erste Stift abhanden kam – und an deckende Schuhcreme, mit der die Schuhe auch nach drei Jahren ununterbroche- nem Verschleiß eingeweißt wurden. Später folgten Popperklamotten, während andere mit Parka und unsäglichen Wildlederstiefelettchen, sogenannten Trampern, die coole Alternative waren. Eines hatten all die Statussymbole jedenfalls gemein: sie waren an uns und schmückten uns mehr oder weniger. Heute ist das anders. Längst ist das Handy als klei- ner digitaler Taschenfreund das Statussymbol Num- mer Eins. Da liegt natürlich nahe, dass man sich nicht mehr selbst, sondern eben seinen digitalen Freund schick anzieht. Ein Trend, über den ich mich bei meiner Kleinen lustig machte – mit ungeahnten Nachwirkungen. Es begann schon an Weihnachten, als meine Kleine nach dem traditionellen Weihnachtstheater – dies- mal wurde „Brüderchen und Schwesterchen“ mit wildem Reh und schrecklicher Hexe gegeben – ihre Geschenke auspackte. Wie jedes Jahr tat ich natür- lich so, als hätte ich alle Geschenke mit meiner bes- seren Hälfte gründlich geplant und mit ausgesucht, tatsächlich bin ich jedes Mal genauso überrascht wie Noch nicht genug gelacht? Alle Kolumnen zum Nachlesen unter www.lausebande.de

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2