landebande-03-2020
Titelthema :: Seite 39 der Schule und eben auch zu Hause, wo vielleicht noch gesunde Geschwister betreut werden müssen, stellt die meisten Familien vor eine logistische und organisatorische Herausforderung. Daher wurde 2017 die ambulante Kinder-Reha eta- bliert. Eltern können nun gemeinsam mit ihrem Nachwuchs und dem Kinderarzt zwischen einer sta- tionären oder einer ambulanten Reha-Behandlung wählen. Die Vorteile einer ambulanten Reha sind die wohnortnahe Behandlung und der Erhalt des sozialen Umfelds. Die DRV empfiehlt ein Modell mit einer einwöchigen Intensivphase, in der das Kind und ein Elternteil ganztägig in der Klinik sind. Dem schließt sich eine dreimonatige Behandlung mit wö- chentlich zwei Nachmittagsterminen zu je drei Stun- den an. Die Eltern fehlen also maximal eine Woche auf Arbeit und können für diese Zeit bei der DRV einen Lohnausgleich beantragen. Die Kinder kön- nen außerdem während der Intensivwoche weiter zur Schule, sich mit Freunden treffen und evt. auch ihren Hobbys nachgehen. Durch die enge Einbin- dung der Familie und des sozialen Umfelds sind die Nachhaltigkeit und damit der langfristige Erfolg der Behandlung wahrscheinlicher. In bestimmten Fällen und bei einigen Erkrankun- gen kann dennoch eine stationäre Reha sinnvoller sein. Das gilt beispielsweise für Asthma oder Neu- rodermitis, weil das Kind dann von anderen klima- tischen Bedingungen in einem Luftkurort oder am Meer profitieren kann. Auch bei starken seelischen Belastungen wie Mobbing können eine mehrwöchi- ge Auszeit vom gewohnten Umfeld und ein Tapeten- wechsel hilfreich sein. Für die meisten Diagnosen aber kann man sich als Familie guten Gewissens für das ambulante Kon- zept entscheiden. Hier gibt es derzeit in Deutsch- land zwei Möglichkeiten: Die ganztägig ambulante Reha in einer stationären Kinderrehaklinik, die im Grunde genauso abläuft wie eine stationäre, einzig die Übernachtung erfolgt zu Hause. Dies geht na- „In Deutschland gibt es eine halbe Million Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer chronischen Erkrankung von einer Reha profitieren würden. Aber nur 44.000 nehmen sie Anspruch“, rechnet Ex- perte Alwin Baumann vor. Mit seinem bundeswei- ten Netzwerk für Kinder- und Jugendrehabilitation will er vor allem Familien und Ärzte für das Thema sensibilisieren: „Denn der Hauptgrund für die rela- tiv niedrigen Zahlen ist Unkenntnis. Viele wissen nicht, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt“, sagt Baumann. Ein weiterer Grund liegt offenbar in der schlech- ten Vereinbarkeit eines mehrwöchigen stationären Reha-Aufenthaltes mit dem Alltag von Familien. Eine mindestens vierwöchige Fehlzeit auf Arbeit, in Vormittags Schule, nachmittags Therapie im Bewegungsbad – die ambulante Reha machts möglich. © Reha Vita Die Kinder- und Jugendrehabilitation macht etwa drei Prozent aller Reha-Leistungen der Deutschen Rentenversicherung DRV aus. 2018 wurden in Deutschland etwa 44.000 Rehamaßnahmen für Kinder und Jugendliche durchgeführt, davon 10.000 über die Krankenkasse als Träger und 33.000 über die Deutsche Rentenversicherung. Bei ihr kamen 1.500 Anträge aus Brandenburg und 3.400 aus Sachsen. Etwa jedes zweite Kind fuhr mit einer erwachsenen Begleitperson zur Reha. Die Ausgaben der DRV für die Kinder- und Jugendrehabilitation lagen 2018 bei 205 Mio. Euro. Kinder-Reha in Zahlen
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