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Titelthema ‹ 71 Greta Thunberg forderte die Weltöffentlichkeit auf, panisch zu werden und zu handeln. Was sagen Studien: Bereitet der Klimawandel eher der Generation der Kinder und Jugendlichen Sorgen oder eher der Generation der Eltern und Großeltern? Die Studienlage ist hier meines Erachtens noch ziemlich uneindeutig, wir finden aber immer mehr Belege, dass junge Leute mit großer Sorge und auch Angst in die Zukunft schauen. Hier allerdings einen etwaigen Konflikt zwischen jung und weniger jung heraufzubeschwören, halte ich aber ohnehin für den falschen Weg: In jeder Generation gibt es hochgradig aktive und engagierte Menschen – und genauso gibt es in jeder Generation Menschen, denen die ganze Sache am A… vorbei geht. Lässt sich schon sagen, was es mit Kindern macht, wenn sie unter dem permanenten Bewusstsein des Klimawandels aufwachsen? Nö. Dazu gibt es leider noch keine Studien. Wie gelingt es Eltern, Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz anzusprechen, ohne die Kinder in Angst zu versetzen? Wie lässt sich das Thema positiv besetzen? Ich halte nicht viel davon, Dinge zu beschönigen. Man kann bereits Kindern erklären, dass der Klimawandel existiert und versuchen zu erklären, was zum Beispiel Abgase aus Autos oder Fabriken anrichten. Ich würde keine Bedrohungsszenarien aufbauen, aber eben auch klar erklären: Wir Menschen tun Dinge, die der Natur und der Umwelt nicht gut tun. Wie thematisieren Sie Nachhaltigkeit, Naturschutz und Umweltbewusstsein selbst zu Hause? Die Themen tauchen bei uns täglich auf, gerade in Bezug auf Ernährung und Mobilität. Mit unserem 6-jährigen Sohn reden wir auch über solche Themen und versuchen, das Beste daraus zu machen. In der Regel prägen die Einstellung und das Vor-Leben der Eltern auch die Kinder. Wie reagieren Eltern, wenn mit der Jugend die Peer-Group wichtiger wird, und die Kinder gegen den Lebensstil der Eltern rebellieren? Ich bin kein Entwicklungspsychologe, denke aber, dass Kinder sowieso gegen ihre Eltern rebellieren sollten. Das ist mit dem Klimathema sicherlich nicht anders. Allerdings vermitteln Eltern natürlich von Anfang an bestimmte Werte, von denen man hofft, dass sie auch die Kinder prägen und positiv beeinflussen. Aber am Ende muss sich ja jedes Elternteil eingestehen, dass da ein eigenes selbstbestimmtes Wesen herangewachsen ist – und dieses Wesen hat natürlich jedes Recht, elterliches Denken und Verhalten doof zu finden. Wie gehen Eltern am besten mit Konflikten zu solchen Themen um? Schwierig, da muss natürlich jede Familie eine eigene Balance finden. Wichtig: Immer erklären, warum man etwas macht oder eben nicht macht und der anderen Partei auf Augenhöhe zuhören. Allerdings gilt auch: Kinder sind bis zu einem gewissen Alter Schutzbefohlene, deren Eltern tragen also die Verantwortung für ihre Gesundheit. Was entgegnen Sie dem Argument, dass die Veränderung des eigenen Verhaltens den Klimawandel ohnehin nicht aufhalten kann? Da entgegne ich, dass ich den Gedanken verstehen kann und der aus einer gewissen Perspektive auch richtig ist: Ich alleine kann natürlich die Klimakrise nicht aufhalten. Aber: Ich bin ja nicht allein. Zusammen mit mir entscheiden sich tagtäglich Menschen für solidarische Verkehrsmittelnutzung, gegen eine Portion Fleisch oder für den Zug- anstatt Flugurlaub. Die Masse machts und wir müssen begreifen, dass wir Teil eines Ganzen sind und einen wichtigen Beitrag leisten. Klar ist aber auch: Das wird vorne und hinten nicht reichen, die Verantwortung liegt einfach auch bei Politik und Unternehmen. Wir können die Verantwortung nicht nur auf eine Ebene schieben. Wenn Eltern bis hierher durchgehalten haben, den Artikel und dieses Interview gelesen haben und sich denken: Jetzt will ich aber wirklich nachhaltiger leben. Was raten Sie, damit der Vorsatz nicht in Kürze wieder der Bequemlichkeit zum Opfer fällt? Es dauert eine Weile, bis man eigene Routinen durchbrochen hat. Das geht zusammen mit anderen leichter als alleine. Am Beispiel Ernährung: Mal mit ein paar Freunden zusammen sich selbst verpflichten, vier Wochen auf tierische Lebensmittel zu verzichten, klar aufzuschreiben, was man in dieser Zeit stattdessen essen will und Optionen haben, falls es droht, mal schief zu gehen. Und: Jeder noch so kleine Schritt hilft – das kann schon der wöchentliche Spaziergang zur KiTa oder zur Schule sein anstatt die Anfahrt mit dem motorisierten Kindertaxi.

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