lausebande-03-2024

Aktuelles ‹ 35 überstehen. Das ist doch nicht normal. Russland ist für die wenigsten Ukrainer ein Bruder, sondern war immer schon ein Volk von Besatzern. Wie viele Ihrer Freunde und Angehörigen sind in der Ukraine geblieben? Wie halten Sie Kontakt zu ihnen? Fast alle meine Freunde und Bekannten sind in der Ukraine geblieben. Meine Eltern sind vor einem Jahr – Gott sei Dank – auch geflohen. Ich habe Kontakt zu allen, die in meinem „ehemaligen“ Leben präsent und wichtig waren. Wir telefonieren selten, aber am meisten kommunizieren wir über soziale Netze und Messengers, so erfahren wir Neuigkeiten und Nachrichten. Wie haben Sie und Ihre Kinder sich in Cottbus eingelebt und wie sieht Ihr Familienalltag aus? Im Grunde genommen haben wir uns schon eingelebt. Meinem Sohn fällt es schwerer, sich zu integrieren. Er hatte seine Träume und Pläne, sich weiter im Leistungssport zu entwickeln, die hier aktuell nicht umsetzbar scheinen und deswegen fühlt er sich frustriert. Meine Tochter hatte im ersten Jahr auch viel Stress, welchen die fremde Sprache und ganz andere Umgebung mit sich brachten. Ich wollte mich von Anfang an schnellstmöglich in Deutschland einbringen. Und ich hatte Glück, eine gute Arbeit zu finden, habe aktuell ein wunderbares Team, das mich immer unterstützt. Was vermissen Sie aus Ihrer Heimat am meisten und was fehlt Ihren Kindern besonders? Wir vermissen unsere Mentalität, unsere Freunde und unser sorgenloses Leben. Manche Abläufe in der Ukraine sind viel leichter und entspannter. Hier scheinen manche Sachen sehr kompliziert und umständlich zu sein, z.B. einen Arzt heutzutage zu finden, geschweige denn eine zweite Meinung zu kriegen. Mein Sohn sehnt sich nach dem Leben in der Ukraine, vor allem wegen der gescheiterten Pläne, was seinen Sport betrifft. Welche Dinge gefallen Ihnen in Deutschland wiederum besser, als in der Ukraine? Ich bewundere einige Sachen und würde sie gern in der zukünftigen Ukraine umsetzen lassen: • Möglichkeiten, die in Kitas sowie in Schulen geschaffen werden, dank denen das Kind lernt und die Welt um sich herum erkundet • Soziale Hilfe und soziales Netzwerk • Reanimation, Medizin und Krebsbehandlungsprogramme Helfen Sie mit Geldspenden, um das Leid ukrainischer Menschen zu lindern! linktr.ee/ukraine.spende Was könnten die Menschen in Cottbus und der Lausitz an ihrer Willkommenskultur für ukrainische Flüchtlinge verbessern? Erstmal wollte ich mich im Namen aller ukrainischen Flüchtlinge herzlich für die Aufnahme bedanken. Ich verstehe, dass Flüchtlingszuzug zu Überforderung und Anstrengungen auf verschiedenen Gebieten geführt hat. Ich würde um Geduld, Verständnis, Einfühlungsvermögen bitten. Kriegsvertriebene sind nicht nach ihrem Wunsch geflohen, sind manchmal traumatisiert und bleiben oft von ihren Liebsten getrennt. Es gibt unter uns sehr viele intelligente, talentierte, ausgebildete und einfach tüchtige Menschen, die hier gezwungen sind, ein neues Leben aufzubauen. Mit eurer Unterstützung, Empathie und Glauben an uns könnte man viele Hindernisse überwinden. Welche Tipps können Sie den Lausitzern geben, die sich für ukrainische Familien engagieren möchten? Es ist nicht immer sehr leicht, jemanden aus dem Ausland zu betreuen. Es ist wie Arbeit mit Menschen, die nicht immer „belohnt“ wird, was manchmal in Verwirrung, Frustration oder Traumatisierung begründet ist. Alles, was euch leicht und selbstverständlich scheint, ist für die Ausländer eine Hürde, besonders stört die sprachliche Barriere. Es ist schön, wenn ihr gastfreundlich, offen, geduldig, hilfsbereit seid und uns zuhört. *Name durch die Redaktion geändert Wir danken für das Interview.

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