Seite 27 - lausebande-04-2013

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Titelthema :: Seite 27
Dipl.-Psych. Timm Boldt ist psychologischer Psychotherapeut und Verhaltens-
therapeut. Mit seiner Praxis hat er sich in Kolkwitz als Kinder- und Jugendthe-
rapeut niedergelassen.
„Gemeinsam spielen ist wichtig“
Interview mit Dr. Timm Boldt
Was war Ihr Lieblings-
spiel in Ihrer Kindheit?
Ich bin am liebsten im
Wald rumgesprungen und habe
Buden gebaut. Fahrrad fahren und
Indianer spielen, fand ich auch
super. Außerdem habe ich hinge-
bungsvoll Monopoly und Schiffe
versenken mit Opa gespielt.
Ist Spielen wichtig für die Ent-
wicklung oder Zeitverschwen-
dung?
Selbstredend ist Spielen
wichtig. Das ist die bedeutends-
te Form, mit der Kinder ihre Fä-
higkeiten ausbauen können. Im
Wesentlichen kann man sagen,
dass Kinder im Spiel nach einer
bestimmten Definition ihrer Rolle
die Handlungsoptionen auswäh-
len, die sie in bestimmten Situa-
tionen nutzen können. Sie haben
auf der einen Seite die Freiheit
des Spiels und sind auf der ande-
ren Seite aber in bestimmte Regeln
und Muster eingebunden. So kön-
nen Kinder miteinander interagie-
ren und lernen den Umgang mit
anderen.
Beim Spielen ist ein internes Mo-
tivationssystem vorhanden. Da-
durch wird die Tätigkeit als solche
als lustvoll erlebt. Das ist der Un-
terschied zur Triebbefriedigung.
Ich habe auch wildere Kinder in
Behandlung. Beim Spielen werden
sie ruhig und konzentrieren sich.
Wie viel Zeit sollten Kinder pro
Tag mit Spielen verbringen?
So
viel wie möglich. Aber das sind
praktische Erwägungen, was sich
zwischen Schule, Essen und an-
deren Verpflichtungen realisieren
lässt. Je jünger Kinder sind, umso
eher ist es möglich. Es kommt
auf das Alter an. Bei älteren Kin-
dern werden andere Sachen für
das Lernen wichtig. Für Jugendli-
che sind es die peer groups. Spie-
le sind dann meist nur noch ritua-
lisierte Handlungen um einander
kennenzulernen. Auch Erwachse-
ne können spielen. Spiele sind ein
intensives Medium, um Erfahrun-
gen miteinander zu machen.
Was sollten Eltern beachten?
Es gibt unterschiedliche Arten von
Spielen, die angeboten werden.
Da sind die freien Spiele, die viele
aus der eigenen Kindheit kennen:
Buden bauen, im Sandkasten spie-
len, usw. Eine andere Kategorie ist
das, was man kaufen kann. Da ist
die Bandbreite groß. Es gibt die
klassischen Brettspiele und mitt-
lerweile die Computerspiele.
Man sollte die Lernziele der Spie-
le mit den Ansprüchen in Ein-
klang bringen. Spiele, wie Lotti
Karotti, wenden sich an spezielle
Altersgruppen und machen den
Kindern irre viel Spaß. Die Frage
ist, wie viel sie dabei lernen. An-
dere Spiele, wie Memory sollen
die Merkfähigkeit trainieren und
können schon in jungen Jahren
gespielt werden. Ich würde das
Anspruchsniveau so hoch wie
möglich wählen. Es ist aber auch
wichtig, dass sich Kinder entspan-
nen und aus diesem Anspruchsni-
veau heraus kommen. Wenn wir
hochbegabte Kinder haben, müs-
sen wir darauf achten, ob sie nicht
mal etwas ganz einfaches spielen
wollen, damit sie emotional wie-
der runterkommen. Ich habe in
der Praxis eine große Spielesamm-
lung, aus der sich die Kinder aus-
suchen können, was sie wollen.
Spielen Jungs anders als Mäd-
chen?
Natürlich. Nimmt man die
Klischees von Räuber und India-
ner und der Puppenstube, sieht
man die Unterschiede. Es gibt
Überschneidungen, dass typische
Jungsspiele auch von Mädchen
gerne gespielt werden. Manch-
mal greifen Jungs auch in die Pup-
penkiste. Das passiert seltener. Ich
denke, nichts davon sollte unter-
bunden werden, wenn es auftritt.
Ich wäre dabei eher neugierig, was
passiert. Jungs spielen anders mit
Puppen, als Mädchen.
Spielt man heute anders, als vor
zwanzig Jahren?
Computerspiele haben einen viel
höheren Stellenwert bekommen.
Auch diese Spiele [...]
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