lausebande-04-2021
Aktuelles ‹ 31 Während Politiker und Wirtschaftsexperten seit Monaten erregt über Maßnahmen zwischen Inzidenz, Einschränkungen und Lo- ckerungen diskutieren, allerlei Studien ins Feld führen und Familien im Dschungel der Ver- ordnungen die Orientierung verlieren, spielen Kinder, Jugendliche und deren Eltern in der Co- rona-Debatte nach wie vor kaum eine Rolle. So gibt es zur Situation der Kinder und Eltern in Co- ronazeiten auch kaum Informationen. Im ersten Lockdown waren es zu Kindern lediglich zwei Stu- dien, die bereits im Sommer 2020 enorme Folgen vor allem für sozial benachteiligte Kinder prog- nostizierten. Eine weitere Studie im Frühsommer 2020 sorgte kurzzeitig für einen Aufschrei. Sie wurde von der TU München und dem Leibniz-In- stitut für Wirtschaftsforschung durchgeführt und ermittelte während der Pandemie in 3,6 % der be- fragten Haushalte Gewalt gegen Frauen, in 6,5 % der Haushalte sogar gewalttätige Bestrafungen minderjähriger Kinder. Hochgerechnet ein In- dikator für hunderttausende Schicksale inmitten unserer Gesellschaft. Zum Jahresbeginn 2021 erschien dann eine weitere Studie, die offenbarte, dass jedes dritte Kind in- folge der Pandemie unter psychischen Problemen leidet. Aus sehr wenigen, weiteren Studien kann man ein ähnliches Bild ableiten. Viele Familien haben längst Belastungsgrenzen überschritten. Mit Angela Merkels erneutem Einschwörden auf drei, vier weitere schwere Monate zur Märzmitte dürften viele Eltern vergeblich nach Kraftreserven suchen. Parallel zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe, zu Beginn des letzten Märzdrittels, machte endlich auch der wissenschaftliche Beirat von Bundesfamilienminsterin Franziska Giffey in einem Papier auf die katastrophale Situation in den Familien aufmerksam. Im Papier heißt es, es brauche einen „Marshallplan“ für Familien, für die Zeit nach der Pandemie. Der Vergleich zum Wiederaufbauplan nach dem zweiten Weltkrieg mag für viele auf den ersten Blick übertrieben scheinen. Er unterstreicht aber die Bedeutung unseres Themenschwerpunkts für diese Ausgabe, den wir aufgrund der Kenntnis der realen Fami- liensituation ohnehin geplant hatten. Bild: Timo Wuerz Überlastung ist kein Makel! Ein Blick auf die Auswirkungen der Coronapandemie auf Kinder und Eltern – besonders in bildungsstarken Haushalten. Foto:deisgnedbyprostooleh, freepik
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