lausebande-04-2021
62 › Titelthema Ausprobieren lernen sie ihre körperlichen Fähig- keiten einzuschätzen: Kann ich von dieser Mauer springen oder ist sie hoch? Sie wägen ab und werden, wenn sie sich trauen, mit einen Erfolgs- erlebnis und Glückshormonen belohnt. Schluss- endlich sind Kinder, die sich viel bewegen, in der Regel auch im Erwachsenenalter sportlicher. Kinder, die viel Zeit draußen verbringen, fördern auch ihre Sehkraft. Als Hauptursache für die immer weiter zunehmende Kurzsichtigkeit gilt neben Vererbung zu wenig Tageslicht. Augen brauchen für ein gesundes Wachstum ausrei- chend Tageslicht. Kinder, die sich viel in Räumen aufhalten und dort auf Bildschirme oder auch Bü- cher schauen, werden eher kurzsichtig als Kinder, die viel draußen sind und beim Waldspaziergang den Blick in die Ferne schweifen lassen. Wer viel draußen spielt, schult seine Sinne. Schon ein Spaziergang durch den Wald kann wirklich alle Sinne anregen: Das Zwitschern der Vögel, der Blick in die Baumwipfel, der Duft der Nadeln, der Geschmack der Waldheidelbeeren und das unter- schiedliche Gefühl, wenn man über Rinde oder Moos streicht. Diese Vielfalt an Sinneseindrücken bietet kein Kinderzimmer. Im Übrigen ist in der Regel auch die Luft im Wald deutlich besser und gesünder als die Luft in den eigenen vier Wänden. Bewegung an der frischen Luft macht ausgegli- chener. Vermutlich kennen viele Familien das Gefühl, das gern unter dem Begriff „Lager-Koller“ zusammengefasst wird. Wenn die ganze Familie am Wochenende zu lange gemeinsam in den eigenen vier Wänden aufeinander hockt, dann droht der „Koller“ – ein gemeinsamer Spazier- gang oder eine Runde Fußballspielen auf dem Hof helfen hier meist schon. Daher sind Kinder und Familien, die viel Zeit draußen verbringen, in der Regel ausgeglichener. Wald und Wiesen entschleunigen, sie haben eine beruhigende, aus- gleichende Wirkung. Gleich einer Oase, fällt der Alltagsstress ab. Familien können das ganz leicht selbst testen: Beobachten Sie Ihre Kinder. Oft ist es so, dass sich Geschwister draußen seltener streiten als drinnen. Nicht von ungefähr gilt zu wenig Bewegung in der Natur als eine Ursache für Hyperaktivität von Kindern. Das Draußenspiel fördert sehr viel stärker die kindliche Kreativität. Denn während im Kinder- zimmer meist zahlreiche klassische Spielzeuge wie Puppen, Lego oder Brettspiele zur Verfü- gung stehen, die meist nach festen Schemata be- spielt werden, braucht es für Naturmaterialien wie Stöcke, Steine und Baumstämme viel mehr Phantasie. So wird der lange Ast wahlweise zum Schwert, zum Zauberstab oder Kochlöffel, der Baumstamm zur Brücke über das tiefe Meer oder zum Versteck vor den Dinosauriern. Waldbaden: Bäume als Therapie? Die Japaner gehen noch einen Schritt weiter: Sie schreiben demWald eine heilendeWirkung zu. Seit Anfang der 1980er-Jahre forciert das dortige Land- wirtschaftsministerium das „Waldbaden“, auf Japa- nisch „Shinrin-Yoku“. Das bedeutet so viel, wie mit allen Sinnen in den Wald einzutauchen, die klare Luft, den Duft der Nadeln und Blätter, den weichen Boden und das diffuse Licht wahrzunehmen und aufzusaugen. Waldmedizin ist an japanischen Uni- versitäten ein anerkanntes Forschungsgebiet, das Waldbad eine anerkannte Therapie, denn mehrere Studien belegen die gesundheitsfördernde Wir- kung regelmäßiger, langer Spaziergänge durch den Wald: Puls und Blutdruck sinken, der Cortisol- spiegel sinkt, imBlut steigt die Zahl natürlicher Kil- lerzellen, das Immunsystem kommt also in Gang. Der Wald hat also nachweislich eine entschleuni- gende, beruhigende und gesundheitsstärkende Wirkung. Ein Grund dafür liegt darin, dass die Waldluft vergleichsweise reiner ist. Im Vergleich zur Stadtluft ist sie sehr viel sauberer, einige Baum- arten geben zudem ätherische Stoffe ab, die eben- falls positiv aufs Gemüt wirken. Spielideen für Wald und Wiese Mögen die eben beschriebenen Vorzüge des Er- lebens in der Natur für Elternohren noch so toll klingen, Kinder lockt man damit nicht zwin- gend vom bequemen Sofa. Je älter sie sind, desto schwieriger wird es, sie zum Wiesenspaziergang oder zur Waldwanderung zu motivieren. Daher haben wir ein paar Anregungen zusammenge- stellt, die kleine Kinder ihre müden Füße ver- Foto:NABU,ClemensKarkow
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2