Seite 34 - lausebande-05-2011

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Kolumne :: Seite 34
unserem Nachbarsjungen und als sie mich nicht
im Flur bemerkten, erzählte doch mein Kleiner im
Zimmer sehr belustigt, dass sein Papa beim Spie-
len nichts auf die Reihe bekomme! Von wegen auf
Arbeit der Chef sein wollen, aber zu Hause … beim
Blick durch den Türspalt sah ich den wissenden
Blick meines selbstgezüchteten Dauergewinners.
Nach einem gefühlten Jahrhundert Betriebsru-
he erwachte der Alpha-Spieler in mir. Ausgerech-
net vor dem Sohn unseres Nachbarn musste mein
Kleiner das sagen. Jener Nachbar, dessen Körper
vom täglichen Fitness-Training zu explodieren
droht und der mich schmalbrüstigen Schreiberling
immer wie eine Entschuldigung auf zwei Beinen
mustert. Also begab ich mich siegessicher ins Kin-
derzimmer und sagte zu den Jungs: Lasst uns doch
ein Spielchen machen! Der Nachbarsjunge war
gleich Feuer und Flamme und schrie: Oh ja, Yu-
Gi-Oh! Mit nur fünf Mal Zweibuchstabenwörtern
hatte er den Alpha-Spieler und Wortkünstler in mir
platt gemacht. Mein Sohn erklärte sofort mit einem
entschuldigenden Kopfschütteln: „Das kann Papa
doch nicht“. Als zweiter Vorschlag folgte Memory
– und durch den diffusen Auftakt im Hintertreffen,
willigte ich sofort ein. Kinder und Memory – was
läuft da eigentlich ab? Ich habe die Vermutung,
bis zur Pubertät verfügen die über ein geheimes
Memory-Gen, das seine Funktion mit dem Erwach-
senwerden vollständig einbüßt. Nach drei Runden
war mir jedenfalls klar, dass mein Memory-Gen in
irgendeinem Memorial vor sich hinfault. Weiterer
Versuche und demütigender Niederlagen müde,
erzählte ich etwas von erschöpft, zu viel Arbeit
diese Woche, verdammt viele wichtige Sachen für
große Verlage geschrieben (ob das der kleine Zwei-
buchstabenmann seinem Muskelvater auch erzäh-
len wird?). Am Abend habe ich dann mit meinem
Kleinen eine Runde Schach gespielt – immerhin
ein Remis. Aller Anfang ist eben schwer.
Mit dem Vatersein geht in den frühen Kin-
derjahren unweigerlich der Verlust einer
männlichen Grundprogrammierung ein-
her, zumindest wenn man ein guter Vater sein will.
Wir sind ja alle von Natur aus als das verdammt
starke Geschlecht auf Wettkampf programmiert.
Immer die Besten sein, beimWettlauf, beim Einpar-
ken, beim gemeinschaftlichen Urinieren mit Fuß-
ballkumpels im Freien. Ihr wisst schon, mein Haus,
meine Frau, meine Kinder, mein Revier. Das kön-
nen wir auch bei Gesellschaftsspielen nur schwer
abstellen – während Frauen wie in einer 68er Kom-
mune Räucherstäbchenschwenkend den Weltfrie-
den predigten, habe ich manchen „Pärchenabend“
mit Freunden als Kriegsschauplatz hinterlassen.
Risiko und Siedler kennen keine Gnade.
Bei meinem Sohnemann änderte sich alles.
Schon als er zwei Jahre war und wir die ersten
„Mau Mau“-Versuche unternahmen, drohte er bei
jeder auch nur entfernten Möglichkeit einer sich
anbahnenden Niederlage mit dicken Kullertränen
aus seinen traurigen Augen. Gute Väter verlieren
ja sowieso beständig, um ihren Söhnen die Moti-
vation am Spiel zu erhalten – denn wir wissen ja
selbst, dass man eigentlich gar nicht verlieren will.
Daran bin ich nun seit gut fünf Jahren gewöhnt
und beherrsche inzwischen alle Taktiken, jedes
Spiel trotz bester Ausgangslage verlieren zu kön-
nen. Ganz ohne Selbsthilfegruppe, für Sohnemann
hab ich das immer gern gemacht. Bis zum letzten
Wochenende. Da spielte er Schiffe versenken mit
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
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Dazu Anregungen/ Hinweise/ Meinungen?
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