Seite 42 - lausebande-05-2012

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Kolumne :: Seite 42
klärt: ER: Handwerksmeister, knapp zwei Meter,
Handteller in der Größe von Toilettendeckeln und
ich: der schmächtige Schreiberling. Beim Bemalen
roher Eier witterte ich schon den Vorteil. Aber sie
mussten ja erst einmal roh werden – und so mach-
ten wir uns gleich ans Auspusten. Bei Männern
wird das von Anbeginn zum Wettbewerb. Ich glau-
be, ER arbeitet teilzeit auch noch als Blasebalg in
einer Schmiede. Ein Puster und seine Eier waren
leer, während mir auf halbem Weg schwarz vor
Augen wurde. Dennoch hielt ich bis zum zehnten
Ei mit, außen cool, innen speiübel. Ich überlegte,
ob ich im Fall des Falls meinen Mageninhalt un-
auffällig durch das auszublasende Ei in die Schüs-
sel darunter befördern könne. Zum Glück kam in
dem Moment mein Kleiner mit einer zwar nicht so
wichtigen Frage, die ich ihm aber auf der Stelle
und in aller Ausführlichkeit beantworten musste.
Na ja, beim Verzieren würde schon meine Stun-
de schlagen. Dazu bekam jeder einen Eierhalter
und heißes Wachs samt Federkielen und eigenar-
tigen Instrumenten vorgesetzt. Schicht für Schicht
sollten wir nun Wachsmuster aufbringen und nach-
einander färben. Ich begann mit Wachstupfern und
einem dunklen Grün und folgte mit Wachs-Blumen
und einem hellen Rot. Ha, ich hatte den vermeint-
lichen Konkurrenten zur zweiten Färberunde über-
holt und bemerkte das auch laut gegenüber den
Kindern: Schaut mal, Papa kanns. Vielleicht hätte
mir jemand verraten sollen, dass auch die Reihen-
folge der Farben entscheidend ist. Drei Minuten
später löffelte ich ein scheißbraunes Ei aus dem
Gurkenglas, das mit seinen Wachspickeln wie die
Last Order einer in Tschernobyl aufgewachsenen
Legehenne anmutete. Alle staunten: Boah, sieht
das eklig aus. Wir hatten noch nicht einmal ange-
fangen, da war der Wettbewerb für mich schon zu
Ende. Die restliche Zeit ließ ich dann den Mitmach-
Papa raushängen, der lieber seinen Kindern hilft,
während Schmetterhand mit der Sensibilität eines
Uhrmachers ein Kunstwerk nach dem anderen
schuf – und meine Kleinen auch noch damit be-
schenkte. Zu allem Übel wurde Papas „Scheißei“
dann auch noch dokumentiert und auf facebook
gepostet. Mein einziger Trost: 134 Mal „gefällt mir“,
das gibts wohl auch nur da. Euer lausitzDADDY
Das Vaterleben kann schwer sein, wenn
man im Familienwettbewerb die schöns-
ten Eier haben möchte. Nicht was Sie jetzt
denken – wir sind doch ein Familienmagazin. Es
geht um Ostern, das wir in diesem Jahr erstmalig
in sorbischen Traditionen verlebt haben. Seit wir
aus einer anderen Region Brandenburgs hierher ins
Sorbenland zogen, haben wir zwar jedes Jahr diese
bunten Ostereier-Kunstwerke bewundert, aber mit
unserer Familie hatte das nichts zu tun. Zumindest
bis in diesem Jahr unser Kleiner aus der Schule
heimkam und stolz von seinem ersten Versuch an
einem sorbisch-traditionell verzierten Osterei be-
richtete. Davon wollte er jetzt mehr, mit Wachs, so
schön bunt – und auch seine Schwester und meine
bessere Hälfte waren gleich hellauf begeistert. Mit
einer befreundeten Familie wurde gleich ein ganzer
Wochenendtag kurz vor Ostern zum gemeinsamen
Verbunten von Hühnerendprodukten vereinbart.
Was die Sorben können, können wir schon lange,
dachte ich. Als Schreiberling ja eigentlich recht kre-
ativ und mit den Händen geübt, wollte ich meinen
Kleinen zu den schönsten Eiern verhelfen, die die
Sorbensonne je gesehen hat. Siegesgewiss reiste
ich am besagten Wochenende samt Familie an,
ausgerüstet mit einer Eier-Palette (natürlich weiße
Schalen), etlichen leeren Gurkengläsern (gibts ja
hier auch zur Genüge) und Eierfarben. Unser Ge-
genüber hatte für die Ausrüstung zum Verzieren
gesorgt. Während die Frauen ein Käffchen tran-
ken, wurden unter uns Männern die Fronten ge-
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
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