lausebande-05-2019
Titelthema :: Seite 72 Zuerst möchte ich Entwarnung geben. Unser Familienmagazin lausebande wird nicht be- erdigt, auchwenn das einige Kirchenvertreter gern so sehenwürden. Die Geschichte dieses vermeint- lichen Kreuzzugs möchte ich allen Familien, die unser Magazin nutzen, nicht vorenthalten – zumal ich sie per- sönlich zum Anlass für unsere „Kleine Klimaschule“ nehme, bei der es künftig auch auf die Interaktion mit allen Lesern ankommt. Aber eins nach dem anderen: Im Frühjahr wurde uns gleich von mehreren unserer Partner und Kunden der Brandbrief einer Institution der Evangelischen Kirche in der Lausitz zugespielt. Von zwei Pfarrern unterzeichnet, wurde die lausebande und gleichermaßenmeine Person als Herausgeber der lau- sebande in einemRundschreiben an kirchennahe Ein- richtungen als „Wolf im Schafspelz“ bezeichnet. Man solle das Familienmagazin lausebande aus den Einrich- tungen verbannen. Anlass war eine Beitragsserie, die seit geraumer Zeit in unserem Familienmagazin ihren festen Platz hatte und die Sicht des Pro Lausitzer Braun- kohle e.V. zumaktuellen Geschehen rund umdie Ener- giewende und den Strukturwandel in der Lausitz dar- stellte. Als Herausgeber bin ich für diese Beiträge natür- lich inhaltlich verantwortlich. Ich unterstütze den Ver- ein seit gut fünf Jahren auch als Pressesprecher. Nicht, weil ich ein Braunkohlefan bin, sondern vielmehr, weil ich als Vater von vier Kindern um die Bedeutung die- ses Themas für die Zukunft unserer Region weiß und weil ich es für wichtig halte, dass in einem demokrati- schen Prozess alle Positionen gehört und vernünftig ab- gewogenwerden. In der öffentlichen Berichterstattung haben es kritische Sichtweisen zu diesem Thema oft schwer. Dabei geht es nicht nur umArbeitsplätze, son- dern auch um einen richtigen und sinnvollenWeg des Klimaschutzes. Es geht auch darum, ob Verbote sinn- voller als technologische Lösungen sind – und auf wel- chem Weg wir das gesellschaftliche Vermögen am ef- fektivsten einsetzen können, umunseren Kindern eine lebenswerteWelt zu hinterlassen. Meines Erachtens ist es nie richtig, wenn zu gesellschaftlichen Entwicklun- gen Kritik und die „andere“ Meinung unterdrückt und nur eine Seite als die einzig wahre dargestellt wird. Viel- leicht ist das auchmeiner Kindheit und Jugend imSys- tem der DDR geschuldet, die in der Öffentlichkeit nur eine Meinung zuließ und bei der kritische Positionen lediglich hinter den Kulissen verhandelt wurden. Auch imPro Lausitzer Braunkohle e.V. leugnet niemand den Klimawandel und ist niemand gegen die Energiewen- de – vielmehr nimmt der Verein mit über 500 Mitglie- dern aus der Lausitz kritische Positionen zur Umset- zung der Energiewende und den diesbezüglichen po- litischen Rahmenbedingungen ein. Viele dieser Positi- onen teile ich persönlich. Kritik hilft oft, Dinge besser zu gestalten. Leider ist das bei der öffentlichen Debatte zu Klimaschutz und Energiewende selten der Fall. Die Schülerproteste rund um„Fridays for Future“ sindmei- nes Erachtens ein klares Zeichen für das Versagen von Politik, Medien und Gesellschaft bei diesemThema. Ich verstehe die Kinder und Jugendlichen, die bei der Art der beständigen Berichterstattung Zukunftsängste oder Wut verspüren und deshalb auf die Straße gehen. Es ist eine Farce, wenn ausgerechnet Politik und Medien dieser Bewegung Auftrieb geben und junge Menschen für eigene Ziele, seien es politische Mehrheiten oder Schlagzeilen, einspannen. Bis heute erkenne ich kei- ne Entwicklung, die die Sorgen der jungen Menschen ernst nimmt und sie über reale Möglichkeiten und Zu- sammenhänge aufklärt. Klimaschutz wird in unserer Wohlstandsgesellschaft immer mehr zur unantastba- ren Wohlstandsreligion, zu einer Art Glaubensfrage. Man ist entweder dafür oder dagegen – wer abwägen und über Lösungen nachdenkenmöchte, wird voreilig als Gegner verortet. In diesem gesellschaftlichen Kli- ma hat die Kirche offensichtlich neue Möglichkeiten erkannt. Nach dem fehlenden Aufarbeiten von Kindes- missbrauch und unzähligen Kirchenaustritten in den vergangenen Jahren hat sie den Klimaschutz für sich entdeckt. Er wird ohnehin immer mehr zur Glaubens- frage, bei der es nur eine Wahrheit zu geben scheint. Wer anders denkt, kommt auf den moralischen Schei- terhaufen und wird ohne den Versuch eines demokra- tischen Austauschs hinterrücks diffamiert. Das erinnert ans Mittelalter, als noch Inquisitoren durchs Land zo- gen. ZumGlück ist der Einfluss der Kirche heute weni- ger aktuell und bestimmend. Ihr Wandel ist allerdings gerade beim Thema Bergbau verwunderlich – denn ausgerechnet die Kirche, widmet man sich einmal ih- rer Geschichte, ist engmit demBergbau verflochten, bis VomWolf im Schafspelz oder: von einem Kreuzzug gegen Andersdenkende. Empfehlungen :: Seite 72
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