lausebande-05-2020
Spezial :: Seite 117 tige Grundlage für das Home- schooling wäre – ist die aktuelle Situation in der Corona-Pandemie zumindest für Ihre Forschung ein Glücksfall? Bei dieser Situation, unter der auch ganz besonders die Kinder leiden, kann ich nicht von einem Glücksfall sprechen. Im Bereich digitale Technologie und Schulen gab es bereits zuvor viel Bewegung, auch wenn die Auf- merksamkeit nun noch einmal deutlich zugenommen hat. Wie sind wir in Deutschland im Be- reich digitale Schule und Home- schooling aufgestellt, insbesonde- re imVergleich zuanderenLändern? Die Sorge, in vielen Dingen hin- terherzuhinken, scheint mir eine Eigenheit der Diskussion in Deutschland zu sein. Man zieht hier oft Vergleiche zu anderen Ländern, in denen etwas besser funktionieren soll. Ein Beispiel in der digitalen Bildung ist die Debatte um die Steve Jobs-Schu- len in den Niederlanden. Im Jahr 2016 gab es in Deutschland vie- le Schlagzeilen zu diesen Schu- len, in denen alle Schüler mit ei- nem iPad ausgestattet wurden und digital lernten. „Warum ha- ben wir so etwas in Deutschland noch nicht?“ – lautete der be- sorgte Tenor. Zwei Jahre später wurden diese Steve Jobs-Schu- len als Katastrophe beschrieben, Prof. Felicitas Macgilchrist gehört zu den bundesweit wenigen wissenschaftlichen Ex- perten im Bereich digitaler Schul- bildung. Sie ist Leiterin der Abtei- lung Mediale Transformationen und Professorin für Medienfor- schung mit dem Schwerpunkt Bil- dungsmedien an der Georg-Au- gust-Universität Göttingen. Sie forscht an der Schnittstelle von Me- dien und schulischer Bildung mit einem besonderen Fokus auf den sozialen und politischen Kontext von Bildung in der digitalen Welt. Die wissenschaftliche Laufbahn führte die Schottin u.a. nach New York, Gent und Birmingham, sie hat u.a. in Russland, Deutschland, Vietnam, Belgien, Großbritannien und den USA gelehrt. Ihre Promoti- on absolvierte sie übrigens im Land Brandenburg, an der Europa-Uni- versität Viadrina. Ihre Forschung zu Medialität und schulischer Bil- dung umfasst auch schulische Praktiken in einer (post-)digitalen Welt und die wissenschaftlichen, bildungspolitischen und media- len Debatten zum Thema „digita- le Bildung“ – und somit eine der wesentlichen Grundlagen für das Homeschooling. Gründe genug für ein interessantes, aufschluss- reiches Gespräch: Sie forschen im Bereich der digita- len Schulbildung, die eine wich- Interview mit Prof. Felicitas Macgilchrist, Leiterin der Abteilung „Mediale Transformationen“ am Georg-Eckert-Institut – Leibniz Institut für internationale Schulbuchforschung, und Professorin für Medienforschung an der Universität Göttingen. „Die Kommunikation mit den Eltern ist besonders wichtig“ die Kinder waren im Lernen weit hinter Gleichaltrigen zurückge- blieben und die Schulen sind jetzt weitgehend geschlossen. Eigent- lich könnte sich Deutschland als Vorreiter im Datenschutz und bei der Entwicklung und dem Einsatz von digitalen Tools für einen re- flektierten Umgang mit sensiblen Daten betrachten. Das macht man in Deutschland heute schon bes- ser als in vielen anderen Ländern. In den USA fängt man jetzt erst an zu überlegen, was mit den Daten der Kinder passiert. Ein Blick nach Südkorea oder Po- len zeigt aber, dass viele Länder digitale Technologien viel stärker in der Schulbildung anwenden – oder täuscht das? Polen und Norwegen haben stark in Open Educational Resources investiert, also in frei zugängliche Lern- und Lehrmaterialien. Sie müssen nicht digital sein, sind es aber oft. Es handelt sich da- bei nicht um eine freiwillige Er- stellung von Materialien und Pro- grammen wie etwa außerhalb der Schule in Deutschland, sondern um ein staatliches Angebot mit direkter Anbindung im Schulun- terricht, das allen Schülerinnen, Schülern und Familien zur Verfü- gung steht. Damit ging in diesen Ländern auch ein starkes Interes- se an digitalen Medien einher. »
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