lausebande-05-2020

Ratgeber :: Seite 119 Spezial : Seite 1 9 Die Nutzung einer Cloud ist na- türlich viel einfacher, wenn alle über entsprechende Geräte und einen Zugang zum Internet verfü- gen. Insbesondere für ökonomisch benachteiligte Familien wird das schnell zu einem Problem. Wir be- obachten in vielen Ländern, auch in Deutschland, dass Aufgaben auf Papier als barrierearmer Weg genauso richtig sein können, weil man hier alle Schülerinnen und Schüler gerecht behandelt. Wenn es eine bewusste Entscheidung ist, gibt es also durchaus gute Gründe auch für den analogen Weg. Brandenburgs Lehrerschaft gilt als stark überaltert, bringt das automatisch Nachteile für digita- le Lernkonzepte und das Home- schooling mit sich? Das wird oft zusammengebracht, die Forschung sagt aber etwas anderes. Es ist tatsächlich stär- ker personen- als altersabhängig. Es geht eher darum, wer Lust dar- auf hat und wer nicht. Es gibt auch sehr junge Lehrer und Lehramts- kandidaten, die digitalem Arbei- ten gegenüber nicht aufgeschlos- sen sind. Ich arbeite selbst in der Lehrerausbildung und erfahre das immer wieder. Zudem haben wir in der Forschung beobachtet, dass gerade ältere, erfahrene Lehrper- sonen einen besonders entspann- ten Zugang zur Anwendung di- gitaler Lerntools haben können. Man braucht im Unterricht gera- de bei deren Anwendung immer einen Plan B, weil sie ungeplant und nicht selten ausfallen – das ist in allen Ländern so. Wenn der Erklärfilm nicht funktioniert, weil die Technik ausfällt, muss also ein analoges Konzept her. Ältere Lehrkräfte haben da mehr Erfah- rung und Konzepte in der Schub- lade, sie sind oft ausprobierfreudi- ger. Jüngere Lehrer müssen diese Dinge oft erst erarbeiten. So haben wir in allen Alterskategorien Leh- rende, die digitalen Technologien gegenüber mehr oder weniger po- sitiv gegenüberstehen. Weiterbildung ist für Lehrer in vielen Bereichen freiwillig, digi- tale Weiterbildung scheint da- bei oft hintenanzustehen – sollte man Lehrer hier künftig mehr in die Pflicht nehmen? Man sollte eher eine andere Art von Lehrerfortbildung anbieten. Bisher sind viele Fortbildungen zu digitalen Technologien reine Erklärungen, wie man bestimm- te Tools rein technisch nutzt. Das sind nicht die spannenden Fra- gen, die erfahrene Lehrpersonen beantwortet haben wollen. Sie suchen nach konzeptionellen An- wendungen, die den Unterricht spannend und vielleicht auch ein- facher machen. So kann der Ein- stieg zu Gedichten im Deutsch- unterricht die Aufgabe für jeden Schüler sein, über den Twitter-Ac- count der Schule ein Gedicht als Tweet mit maximal 260 Zeichen zu erstellen und zu versenden. Hier geht es nicht um die technische Nutzung von Twitter, sondern um ein spannendes Konzept für den Deutschunterricht, das sich auch weiterspinnen lässt. Solche Arten der Fortbildung gibt es kaum. Ich halte es für vielversprechender, wenn Fortbildung die Bedürfnis- se der Lehrkräfte anspricht statt sie nur technisch in die Pflicht zu nehmen. Es geht nicht dar- um, wie etwas funktioniert, son- dern wie man etwas konzeptionell anwendet. Es gibt eine zweite Art der Lehrerfortbildung, die bereits sehr erfolgreich praktiziert wird. Das sind Open-Space-Workshops, an deren Ende die Lehrkräfte eine für sie passende und fertig ein- setzbare Unterrichtsstunde gene- riert haben. Die Fortbildner ver- mitteln das mit vielfältigen Tools und Konzepten, mit denen unter- schiedlichste Themen bearbeitet werden können. Sehen Sie im Dschungel des Homeschoolings Bedarf an einem zentralisierten Konzept – sozu- sagen einer Ländervorgabe, wie Schüler zuhause unterrichtet wer- den sollen bzw. müssen? Nach meinem Eindruck sind zen- tralisierte Vorgaben keine gute Lösung. Jede Lehrperson kennt die Notwendigkeiten ihrer Klas- se und ihrer Schülerinnen und Schüler besser und sollte wissen, welches Konzept eher passt. Seit die Schulen geschlossen haben, findet auf Twitter ein wahnsin- nig aktiver Austausch über Tools, Projekte und Ideen statt. Sie wer- den an einigen Orten zentral ge- sammelt, ein Beispiel dafür ist die Plattform Bildungspunks (www. bildungspunks.de) oder die An- gebote der Edunauten (www.edu- nauten.de) . Es geht dabei eher um die pädagogische Perspekti- ve für digitale Bildung, das kann aber auch für Eltern lehr- und hilf- reich sein. Besonders wichtig für die Schulen scheinen mir aktuell aktive Kontakte und Kommuni- kation bei der Einbindung der El- tern. Hier gibt es sehr große Un- terschiede zwischen einzelnen Schulen und Lehrkräften. Man- che Schulen nutzen Clouds oder haben einen anderen Kanal ein- gerichtet, auf dem sie mit den El- tern kommunizieren, andere nut- zen E-Mails oder das Telefon. Wo zu wenig kommuniziert wird, »

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