lausebande-06-2025

56 › Titelthema „Genossenschaften gehören zu den Erfolgsmodellen für starke ländliche Räume. Sie fördern die regionale Wertschöpfung, binden bürgerschaftliches Engagement ein und erfüllen anstehende Aufgaben nachhaltig.“ aus dem Abschlussbericht der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse des Bundesinnenministeriums (2019) Gerade in ländlichen Räumen wie der Lausitz können Genossenschaften auch als Modell dienen, um bestehende oder drohende Versorgungslücken zu schließen. Dort wo sich der Staat zurückgezogen hat, Ehrenamtliche sich nicht mehr engagieren und privatwirtschaftliche Angebote sich nicht mehr rechnen, können Menschen vor Ort über Genossenschaften das entstandene Vakuum füllen. Der Abschlussbericht der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse des Bundesinnenministeriums von 2019 empfiehlt die genossenschaftliche Idee sogar explizit zur Sicherung der Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen: „Für die verschiedenen Aufgabenfelder der Sicherung der ländlichen Daseinsvorsorge können Genossenschaften mit ihrer demokratischen Organisationsform und ihrer örtlichen bzw. regionalen Einbindung eine Lösung sein: Die Menschen vor Ort nehmen ihr Geschick selbst in die Hand und finden passgenaue Lösungen. Genossenschaften gehören somit zu den Erfolgsmodellen für starke ländliche Räume. Sie fördern die regionale Wertschöpfung, binden bürgerschaftliches Engagement ein und erfüllen anstehende Aufgaben nachhaltig. […] Wir empfehlen die Förderung des Aufbaus und der Stärkung genossenschaftlicher Modelle zur Sicherung der Daseinsvorsorge in den ländlichen Räumen (z. B. genossenschaftliche Dorfläden, genossenschaftliche Modelle zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung, genossenschaftlich organisierte Bürgerbusse und Carsharing-Angebote).“ Auf diese Weise besteht die Chance, in Dörfern und kleinen Gemeinden Angebote wie Kneipen, Dorfläden, Kulturbühnen, Programmkinos oder Sportstätten zu bewahren. Die Genossenschaftsidee passt auch deswegen gut zum ländlichen Raum, weil ehrenamtliches Engagement hier eine lange Tradition hat und meist stärker verbreitet ist als in anonymen Großstädten. Diese Tradition trifft seit etwa der Jahrtausendwende auf eine Renaissance der Genossenschaftsidee. Ein Grund dafür könnten die vielen Krisen sein, die den Kapitalismus mit seiner starken Profitorientierung zumindest in Frage stellen. Genossenschaften gelten als resilient und krisensicher. Mirko Lippmann von der VR Bank Lausitz blickt im Interview mit der lausebande auf die Finanzmarktkrise zurück: „Gerade solche Krisen bringen uns als Regionalbank verstärkten Zuspruch. Wir konnten viele Kunden und Mitglieder gewinnen, die explizit diese Nähe gesucht haben, die wir bieten können, eben weil wir vor Ort sind.“ Die traditionsreiche Genossenschaftsidee hat also nichts an ihrer Aktualität verloren. Als sie 2016 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde, wurden in der offiziellen Begründung unter anderem der demokratische Gedanke und das zivilgesellschaftliche Potenzial hervorgehoben: Durch ihre demokratisch aufgebaute Organisationsstruktur, ihre starke Mitgliederorientierung und ihr zivilgesellschaftliches Engagement übernähmen sie gesellschaftliche Verantwortung: „Die Idee der Kooperation, der Gedanke des Kräftebündelns und der synergetische Austausch unter Einbeziehung der Selbstständigkeit bieten weitreichende Möglichkeiten, um neben bestimmten ökonomischen Auswirkungen auch ökologische, soziale oder kulturelle Wandlungsprozesse aufzufangen und mitzugestalten.“ Ein solcher Wandel passiert gerade im Lausitzer Revier. Wer diesen nicht als Genossenschaftsmitglied mitgestalten will, der hat zumindest im Alltag viele Möglichkeiten, die Genossenschaftsidee zu fördern – indem man bewusst die entsprechenden Produkte und Dienstleistungen nutzt. „Ich finde, dass die Genossenschaftsidee eine große Tradition hat, aber sie hat auch eine große Zukunft, und das ist für mich das entscheidende.“ Prof. Dr. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission © Deutsche UNESCO-Kommission/ Danetzki

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