lausebande-09-2019
Titelthema :: Seite 49 sind, sind nur 49 Prozent mit ihrer Freizeit zufrieden, also nur noch die Hälfte. Kinder, die von Armut betroffen sind, d.h. deren Fami- lien über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkom- mens verfügen, sind nicht nur un- zufriedener mit ihrer Freizeit. Sie haben weniger Freunde, eine ge- ringere Zuversicht in ihren schuli- schen Erfolg, sind weniger häufig in Vereine eingebunden und bekla- gen häufiger fehlende Zuwendung durch die Eltern. Was kann die Politik, die Gesell- schaft dagegen machen? Das ist in der Tat die große Herausforde- rung. Es gibt da verschiedene An- sätze. Man könnte den sozioöko- nomischen Status von Kindern von dem der Eltern entkoppeln, beispielsweise über eine Kinder- grundsicherung. Auf lokaler Ebe- ne könnte man in die Kinder inves- tieren, indem man für vielfältige Freizeitangebote in jenen Wohn- gebieten sorgt, in denen viele so- zial schwache Familien wohnen. Des Weiteren könnte man versu- chen über Ganztagsangebote die- se fehlenden Angebote auszuglei- chen. Da sollten Schulen dann mit Vereinen vor Ort [...] Wie zufrieden sind Kin- der in Deutschland mit ihrer Freizeit? Erfreulicherweise sehr zufrieden. Zumindest geben 93 Prozent der Kinder unserer repräsentativen Studie hohe bis sehr hohe Wer- te an. Und dieser Wert ist über die letzten Jahre stabil, hat sogar leicht zugenommen. Methodisch könnte man noch einwenden, dass Befra- gungen von Kindern zur Zufrieden- heit generell eher positiv ausfal- len. Das liegt einfach daran, dass Kinder optimistischer auf ihr Le- ben blicken als Erwachsene. Aller- dings gibt es auch einschränken- de Befunde. Welche zum Beispiel? Zum einen nimmt die Zufriedenheit mit stei- gendemAlter ab, das lässt sich vor allem bei Mädchen feststellen. Je jünger die Kinder sind, umso zu- friedener sind sie. Wir erklären uns das damit, dass der soziale Druck mit dem Lebensalter zunimmt: Wie wirke ich? Welcher Rolle muss ich gerecht werden? Welche Erwartun- gen werden an mich gestellt? Ein weiterer Erklärungsansatz ist, dass mit zunehmendem Alter der Leis- tungsdruck selbst im Freizeitbe- reich steigt. Bei Sechsjährigen ist es noch okay, wenn auf dem Fußball- platz alle dem Ball einfach hinter- herrennen. Bei Zehnjährigen wird dagegen erwartet, dass sie ihre Po- sition halten und auch in der Som- merpause trainieren. Mit zuneh- mendem Alter wird man einfach mit anderen Erwartungen kon- frontiert, die einhergehen mit einer stärkeren Leistungsorientierung. Was können Eltern tun, um nicht noch mehr Druck aufzubauen? Kinder ändern sich. Hobbys kom- men und gehen. Eltern reagieren dann oft mit dem Impuls zu sagen: Wir haben jetzt so viel Geld inves- tiert, da solltest du das nicht ein- fach so aufgeben. Man muss aber der Entwicklungsdynamik der jun- gen Menschen folgen. Gleichzeitig sollte man Kinder nicht mit dem eigenen Drang zur Beschäftigung überfordern. Eltern denken oft, sie müssen viel fördern und möglichst viele Persönlichkeitsdimensionen ansprechen, weil vielleicht eine Begabung im Kind schlummert, die zu entdecken ist. Ich glaube, man sollte das stärker den Interessen und Neigungen der Kinder über- lassen. Eine gewisse Gelassenheit auf Seiten der Eltern ist sicher hilf- reich, um keinen Druck auf Kinder zu projizieren. Hat denn auch die soziale Herkunft einen Einfluss auf das Freizeitver- halten von Kindern? Der soziale Status wirkt sich klar auf die kind- liche Zufriedenheit aus. Unter den Kindern, die von Armut betroffen Warum Eltern die Freizeitbeschäftigungen ihrer Kinder am besten gelassen sehen, verrät Kindheitsforscher Prof. Sascha Neumann im Interview. Er be- gleitet die World-Vision-Kinderstudie, die seit 2007 Kinder zwischen 6 und 11 Jahren zu ihrem Wohlbefinden befragt. Wir sprachen mit ihm über die Ergebnisse. Hobbys kommen und gehen lausebande.de [...online weiterlesen]
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