lausebande-09-2019

Titelthema :: Seite 79 nemschnellen Kohleausstieg laut werden, wird von der Bedeutung „sicherer“ Energieversorgung gesprochen. Wirkt dieses Argument tatsächlich so schwer? Das klä- ren wir in dieser Lektion. Versorgungssicherheit in Bezug auf die Leistung Die Komplexität des deutschen Stromsystems, das rund 83 Mio. Menschen und die gesamte Wirtschaft mit elektrischer Energie versorgt, gibt unser Sche- ma aus Lektion 1 vereinfacht wieder. Da das deut- sche Stromnetz in ein internationales Stromnetz ein- gebunden und mit den Nachbarländern verknüpft ist, ergänzen wir eine symbolische Anbindung zum Ausland, über die Strom exportiert oder importiert werden kann. (siehe Grafik links) Bezogen auf die Leistung des Stromnetzes muss die Gesamtheit der Energieanlagen in Deutschland jeder- zeit die von Privathaushalten und Wirtschaft benötig- te Menge an elektrischer Energie zur Verfügung stel- len können. Der Energiebedarf ist dabei Schwankun- gen unterlegen, wir sprechen dabei (siehe Lektion 1) von Grundlast, Mittellast und Spitzenlast. Wenn Ver- sorgungssicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet werden muss, dann muss die sichere Leistung an der Spitzenlast, also der Höchstlast, ausgerichtet werden – dies gilt bislang als Grundlage der Stromversorgung zu- mindest in allen Industrienationen. Betrachtet wird da- bei nur die gesichert vorliegende Leistung aus Atom, Kohle, Gas, Mineralölen und Biomasse. Da Wind- und Solarenergie nicht sicher verfügbar sind und nicht ge- speichert werden können, gilt für sie als sicher verfüg- bare Leistung der Beitrag, den sie tatsächlich jederzeit liefern können – er liegt bei Solarenergie bei 0%(wenn keine Sonne scheint) und bei Windenergie bei ca. 1 bis 2 %der installierten Leistung. Von über 100 GW instal- lierter Leistung ausWind- und Solarkraft beträgt die si- chere Leistung somit nur rund 1 GW. Erneuerbare Ener- gien ausWind und Sonne leisten keinen Beitrag zur Ver- sorgungssicherheit undwerden dies technisch bedingt auch in Zukunft nicht können. Nötigwäre dazu eine um- fangreiche Speicherung des Stroms, für die es auf ab- sehbare Zeit noch keine Lösungen gibt. In Deutschland liegt die Spitzenlast derzeit bei rund 85 GW. Auch wenn meist weniger Strom benötigt wird, etwa 65 bis 70GW, treten Spitzenlasten regelmäßig auf. Bislang verfügte Deutschland in der Leistung hier über DieKleineKlimaschule ist einKooperationsprojekt vonFamilienmagazin lausebande undPro Lausitz Jugend eine hohe Sicherheit, so lag die gesicherte Kraftwerks- leitung 2008 noch bei 100 GW, alsomehr als 15 GW„Puf- fer“ zur bisherigen Spitzenlast. Eine gewisse Reserve wurde bislang immer als notwendig angesehen, wenn z.B. Kraftwerke geplant oder unerwartet für Reparaturen vomNetz genommenwerdenmüssen. Bis 2019 ist dieser Puffer bereits um10 GWabgeschmolzen und liegt somit heute noch knapp 5 GWüber der Spitzenlast. Ende 2022 steigt Deutschland aus der Atomenergie aus, die heute noch knapp 13%des deutschen Stroms oder anders ge- schrieben rund 10 GWder sicheren Kraftwerksleistung umfasst. Parallel werden fortlaufend Kapazitäten aus Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken vom Strom- netz genommen, sicherer Kohlestrom hat heute noch einen Anteil von knapp 40 % am deutschen Strommix (Jahr 2018). An den Zahlenwird deutlich, dass Ende 2022 weniger Leistung imdeutschen Stromsystemverfügbar sein dürfte, als bei Spitzenlast benötigt. Bereits im Ja- nuar 2020 wird erstmals eine Unterdeckung der Spit- zenlast prognostiziert. Zwar befinden sich derzeit eini- ge Gaskraftwerke imBau, die 2022 einen Teil der entste- henden Lücke ausgleichen sollen, dennoch gehen Ex- perten davon aus, dass Deutschland 2022 erstmals die Versorgungssicherheit bezüglich der Leistung aus eige- ner Kraft nicht mehr sicherstellen kann. Da der Neubau von Kraftwerkskapazitäten aufgrund langer Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Komplexität der Bauvorhaben einige Jahre inAnspruch nimmt, kann die Sicherheitslücke bis 2030 nach aktuellen Schätzungen zunehmen. (siehe Grafik auf der Folgeseite) Versorgungssicherheit in Bezug auf die Energiemengen (Abschnitt nur in der Online-Version) Versorgungssicherheit und Erneuerbare Erneuerbare aus Wind und Sonne können derzeit nur in kleinen Systemen zur Versorgungssicherheit beitra- gen. Sogenannte energieautarke Dörfer oder Siedlun- gen erwecken oft den Eindruck, als würden hier Wind- und Sonnenkraft in Verbindung mit Speichern jeder- zeit Strom und somit Versorgungssicherheit garantie- ren. Dem ist nicht so. Zwar wird in solchen Systemen in der Jahresbilanz mehr Strom aus Wind und Sonne er- zeugt, als sie selbst insgesamt benötigen – er fällt aber nicht jederzeit und in den Mengen an, in denen er be- nötigt wird. Solche kleinen Systeme kannman bis zum Eigenheimmit Solaranlage auf demDach herunterbre- Empfeh ungen i

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