lausebande-09-2019

Versorgungssicherheit durch Nachbarn in Europa Bei der Problematik der Versorgungssicherheit wird oft auf das europäische Stromnetz verwiesen. Verglichen mit unseren europäischen Nachbarn wie Frankreich, Polen und Belgien ist das Niveau der Versorgungssi- cherheit in Deutschland noch relativ hoch. Studien be- stätigen allerdings eine gewisse Gleichzeitigkeit des Strombedarfs bei den europäischen Nachbarn. Wenn in Deutschland ein hoher Bedarf auftritt und Erneuer- bare z.B. wenig Beitrag liefern können, ist das bei den Nachbarn grundsätzlich ähnlich – insbesondere in Winterphasen mit hohem Energiebedarf und Ausfall von Wind und Sonne. Zudem fahren viele Länder ihre Kraftwerkskapazitäten zurück. Frankreichs Atomkraft- werke sind in die Jahre gekommen und stehen immer häufiger nicht als Sicherheitsnetz zur Verfügung. Insbe- sondere in den Hitzesommern haben vielen Nachbarn Probleme, da einGroßteil der Kraftwerkemit Flusswas- ser gekühlt wird. Bei langanhaltender Hitze, mit der im Klimawandel künftig häufiger zu rechnen sein könn- te, werden diese Kraftwerke aufgrund der Erwärmung des Flusswassers nur eingeschränkt arbeiten. Folglich kann Deutschland sich in kritischen Situationen nicht auf Stromimporte verlassen. Leider wirken internationa- le Klimaabkommen der Sicherheit durch Abstimmung unter denNachbarländern entgegen. Stromschlägt sich in demLandmit Emissionen in der Klimabilanz nieder, in demer erzeugt wird. Durch Stromimporte verbessert sich die also nationale Klimabilanz (da die Emissionen demNachbarn zugerechnet werden, der den Strom er- zeugt hat); durch Stromexporte verschlechtert sie sich. Dadurch entsteht ein kontraproduktiver Anreiz für die EU-Staaten, Stromimporte zu bevorzugen („Jeder setzt auf seinen Nachbarn“). (siehe Grafik Folgeseite) Bedeutung der Versorgungssicherheit für Deutschland Deutschland ist ein hochentwickeltes Industrieland. Das betrifft die Wirtschaft, aber auch viele Bereiche des gesellschaftlichen und zivilen Lebens, vom Kran- kenhaus bis zumSmart Home. Insbesondere in derWirt- schaft sind verschiedene Branchen auf eine hohe Qua- lität der Versorgungssicherheit angewiesen. So führen die Schwankungen im Stromnetz trotz aller Regelein- griffe inzwischen zumerkbarenQualitätsverlusten. Ein Beispiel ist die Chemieindustrie, die in vielen Prozessen (z.B. Wertstoffverarbeitung in Zentrifugen) auf einen ab- solut gleichmäßigen Stromfluss angewiesen ist und ak- se sogenannten „Redispatch“ Maßnahmen vor 15 Jah- ren die große Ausnahme und lagen jährlich weit un- ter einhundert Eingriffen, so erfolgten im Jahr 2017 über 20.000 Netzeingriffe, Tendenz steigend. In 2017 waren über 20.000Netzeingriffe, sogenannte Re- dispatch-Maßnahmen, zur Stabilisierung des Übertra- gungsstromnetzes infolge des volatilen Anfalls erneuer- barer Energien notwendig. Ein weiterer Aspekt sind sogenannte Lastabwürfe, mit denen das Stromnetz durch die Abschaltung bestimm- ter, starker Verbraucher im Industriebereich größere und ungeplante Schwankungen ausgleicht. Im Jahr 2012 gelangte Deutschland erstmals an den Rand eines großflächigen Stromausfalls, weil infolge des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine kurzfristig Gaslie- ferungen ausblieben. Damals wurden große Teile der energieintensiven Industrie notabgeschaltet, umeinen Stromausfall zu vermeiden. Noch imgleichen Jahr wur- de für solche Notfälle mit der Lastabschaltverordnung einNotfallprotokoll beschlossen, umdas Stromnetz im Ernstfall zu schützen. Es wurde ursprünglich bis 2016 befristet, ist aber inzwischen auf unbestimmte Zeit ver- längert. Allein im Jahr 2018 kamdieses Protokoll 78Mal zum Einsatz, nicht wegen internationaler Krisen, son- dern wegen zunehmenden Schwankungen im deut- schen Strommix und Stromnetz. Empfehlungen :: Seite 81 DieKleineKlimaschule ist einKooperationsprojekt vonFamilienmagazin lausebande undPro Lausitz Jugend Entwicklung der Redispatchmaßnahmen im deutschen Übertragungsnetz: Gesamtvolumen in GWh 2000 2013 2014 2015 2016 2017 < 100 4.604 5.197 15.436 11.475 20.438 Quelle:MonitoringreferatderBundesnetzagentur

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