lausebande-09-2019
Titelthema :: Seite 84 lausitzDADDY Das Lied von Eis und Feuer fragen Sie sich bestimmt, was dieses friedliche Bild mit frühpubertäremAufbegehren zu tun hat ... Das begann mit meiner Idee, diese Kreativität mit einer sonderpädagogischen Maßnahme zu fördern. Im Büro arbeitete ich gerade an der Entwicklung eines Logos für eine romantische Konditorei. Statt das wie sonst als Druck zu präsentieren, überzeugte ich mein Töch- terchen zu einer Kooperation. Sie drehte ein Video, in demwir beide Skizzenmachten und schließlich allerlei Farben auf eine Leinwand warfen, dann klatschten un- sere beiden Hände so zusammen, dass sie den gesam- ten Bildbereich ausfüllten, und als sie auseinandergin- gen, prangte auf der Leinwand das Logo inmitten einer schönen Collage. Ich malte mir meine Präsentation mit diesem tollen Ansatz und dem Bonus „kreativer Vater mit kreativem Töchterchen“ aus – der Kunde würde sicher eine Krokodilträne in die Serviette schnupfen. Als zweites Hobby entdeckte unsere Kleine in diesem Sommer – passend zu den farbenfrohen Werken – eine Sammelleidenschaft für Outfits. Vor dem ersten Schultag wurde aus dem Textilaufkommen einer mitt- leren Kleinstadt nach dreistündigem Posing das per- fekte Outfit zusammengestellt. Meine bessere Hälfte wusch alles durch, während ich spät abends inmeinen Rechner abgetaucht war und meine Präsentation für besagte Konditorei ausfeilte. Irgendwo von außerhalb meiner Arbeitswelt drangen die Worte „Schatz, packe dann bitte noch die Sachen aus der Waschmaschine in den Trockner“ zu mir durch, was ich mit einem ge- dankenverlorenen „Ja, Natürlich“ quittierte. Natürlich vergaß ich es und am folgendenMorgen lag das perfek- te Outfit klamm und muffelnd in der Waschmaschine. Aus Papas Liebchen wurde augenblicklich ein Mons- terchen mit zusammengewachsener Augenbraue. Ich flüchtete zur Arbeit, die Wogen würden sich schon glätten. Nachmittags kam dann die Familie der Kon- ditorei zur Präsentation in meine Agentur, die ganze Familie mit großem Tamtam. Ich erzählte viel über die Gedanken, die wir uns gemacht haben, über Liebe zum Backen und familiäre Werte – und über meine Familie. Eine heile, harmonische Welt. Es triefte verbal. Dann klickte ich auf den Link und das Video startete. Harmo- nie! Die Hände gingen auseinander, ich wollte schon die Servietten reichen – und dann prangte plötzlich ein riesiger Kackhaufen-Emojicon auf der Leinwand samt Zusatz „Back &Kack“. Drunter stand: Familie ist, wenn ALLE mitmachen. Meine Kleine war Herrin über den Link und ihre Rache war bitter. Da lob ichmir doch den früher üblichen Krawall, digitale Pubertät ist ein echt hartes Brot. Euer lausitzDADDY Früher musste man bei Kindern in der Puber- tät nur Durchhaltevermögen haben. Heute kann die Revolte gegen das elterliche Estab- lishment ganz andere Konsequenzen mit sich bringen, der digitale Vorsprung unserer Kidsmachtsmöglich. In meinemFall führte das zu einemgroßen Haufen Sch... Dabei begann alles mit einer großen Begeisterung für die digitaleWelt meiner Kleinen. ImSommer entdeckte sie per Instagram eine neue, kreative Ader in sich. Vor allemMädchen posten dort wirklich geniale Kunstwer- ke. Der Ablauf ist oft gleich: zuerst werden auf ein lee- res Blatt oder eine Leinwand allerlei Stifte, Farben oder Ausgangsmaterialien geworfen, dann gibt es mit der Hand ein Schnipsen oder Schießen wie mit einer Pis- tole und per Schnittfunktion wird aus dem Haufen mit Leinwand und Utensilien urplötzlich das fertige Kunst- werk. Dazwischen liegt in der realenWelt natürlich viel Zeit. Ich war mir mit meiner besseren Hälfte sofort ei- nig: endlich mal ein Handytrend, der sich mit einer pä- dagogisch wertvollen Maßnahme verbinden lässt. So plünderte ich mit meiner Kleinen alle Kreativläden der Stadt und stattete sie mit einer Leinwandsammlung, allenmöglichen Stiften und Farben sowie skurrilen Sa- chen zum Draufkleben und Schmücken der künftigen Kunstsammlung aus. Das Wohnzimmer wurde zum Atelier umfunktioniert und unsere Kleine verabschie- dete sich in ein Paralleluniversum, eine zweite Frida Kahlo war geboren. Wir hatten schon Angst, dass bald die Augenbrauen zusammenwachsen. So entstand ein farbenfrohes Werk nach dem nächsten, mal als leichtes Aquarell mit lila Himmel und rosa Wolken, mal als filigranes Musterwirrwarr, mal als Collage aus Farben, zerschnittenen CDs und Pailletten. Auf ihren Instagramvideos wurde der anfängliche Haufen immer bunter und das Resultet nach kurzem Schnitt immer komplexer. Dazwischen lag meist ein ganzer Tag, in dem sie sich mit einer ungekannten Geduld und Aus- dauer in ihren kleinen Kunstwerken erschöpfte. Nun Noch nicht genug gelacht? Alle Kolumnen zum Nachlesen unter www.lausebande.de
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