lausebande-09-2022

94 › Titelthema Besondere Geschwisterkinder: Krankheit und Behinderung Eine besondere Situation für Familien ist es, wenn Kinder mit einem schwerkranken oder behinderten Geschwisterkind aufwachsen. Die Eltern stehen vor der doppelten Herausforderung, einerseits die Pflegebedürftigkeit des einen Kindes anzunehmen und sie in den Familienalltag zu integrieren und andererseits dem gesunden Geschwisterkind gerecht zu werden. Die größte Gefahr dabei: Das gesunde Kind bekommt zu wenig Aufmerksamkeit, steht ungewollt und unbewusst in der zweiten Reihe. Die zeitlichen und auchfinanziellenRessourcen in jeder Familie sind begrenzt. Je mehr das erkrankte oder behinderte Kind braucht, desto weniger bleibt für sein Geschwisterkind. Gleichwohl sehen betroffene Familien ihre besondere Situation als Chance, sie weisen Ressourcen auf, über die „normale“ Familien nicht verfügen, oder nur im geringen Maß: „Positiv ist, dass Familien mit einem kranken oder behinderten Kind meist stark zusammenhalten! Es wird berichtet, dass Geschwister kranker oder behinderter Kinder offener, empathischer, reifer und toleranter sind und nicht selten später soziale Berufe ergreifen. Oft zeigen sie auch mehr soziales Engagement und Selbständigkeit. Sie haben die Chance, viele Fähigkeiten zu erlernen und übernehmen verschiedene Rollen im Umgang mit ihren Geschwistern“, heißt es im Elternratgeber der Stiftung FamilienBande. Die Autorin Ilse Achilles fasst zusammen, wie sich ein gesundes Geschwisterkind idealerweise entwickelt: • es hat überwiegend eine gute Beziehung zu dem behinderten Kind • es geht so sicher und kompetent wie möglich mit dem behinderten Kind um • es kann sich dem behinderten Kind gegenüber abgrenzen • es kann auch negative Gefühle dem behinderten Kind gegenüber empfinden und äußern • es schämt sich in der Öffentlichkeit nicht für das behinderte Kind • es plant seine Zukunft unabhängig vom behinderten Geschwisterkind Wenn Eltern diese Entwicklungsziele im Alltag im Hinterkopf behalten, ist schon viel gewonnen. Praktisch lässt sich das mit folgenden Tipps beherzigen: Seien Sie offen und erklären Sie dem gesunden Geschwisterkind die Besonderheit seines Bruders oder seiner Schwester möglichst altersgerecht. Beschönigen Sie dabei weder, noch sollten Sie die Situation dramatisieren. Beantworten Sie Fragen des gesunden Kindes rund um das Geschwisterkind offen und ehrlich, drängen Sie aber kein Gespräch auf. Übrigens hat die Einstellung zur Behinderung einen ähnlich großen Einfluss auf das FamilienBuchempfehlungen für Kinder Ein Baby in Mamas Bauch, 2015, Anna Herzog, ab 5 Jahre Ein Geschwisterchen für die kleine Eule, 2017 Debi Gliori, ab 3 Jahre Ein Geschwisterchen für Pauli, 2015, Brigitte Weninger, ab 3 Jahre Wieso, weshalb, warum? Junior Bd. 12: Unser Baby, 2005, Angela Weinhold, ab 2 Jahre Buchempfehlungen für Eltern Geschwister – eine ganz besondere Liebe: So gelingt es Eltern, jedem Kind gerecht zu werden, 2021, Jan-Uwe Rogge u.a. Geschwister: Vorbilder – Rivalen – Vertraute, 2020, Hartmut Kasten Ich mag dich – du nervst mich: Geschwister und ihre Bedeutung für das Leben, 2015, Jürg Frick „... und ummich kümmert sich keiner!“ Die Situation der Geschwister behinderter und chronisch kranker Kinder, 2018, Ilse Achilles Aus Stiefeltern werden Bonuseltern: Chancen und Herausforderungen für Patchwork-Familien, 2015, Jesper Juul u. Knut Krüger Leben mit Zwillingen! Gut durch Trotzalter, Kindergarten und Grundschule, 2012, Petra Lersch u. Dorothee von Haugwitz

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2