können. Gleichwohl sind andere Teile des Gedächtnisses (die Wissenschaft unterscheidet u.a. zwischen Kurzzeit- und Langzeit- sowie implizitem und explizitem Gedächtnis) längst nicht ausgereift. Einen besonders großen Sprung macht die Entwicklung des Gehirns um das sechste Lebensjahr. Das Kind ist von seinen kognitiven Fähigkeiten her dann tatsächlich schulreif. Bis es die Leistungsfähigkeit eines Gehirns von Erwachsenen erreicht hat, dauert es allerdings noch ein paar Jahre. Bis dahin steigern sich u.a. die Verarbeitungsgeschwindigkeit von eintreffenden Reizen, die Leistungsfähigkeit des Arbeitsgedächtnisses und es finden „Umbauarbeiten“ im Gehirn statt. Das Kurzzeit- bzw. Arbeitsgedächtnis ist entscheidend, wenn es darum geht, Neues zu lernen. Was hier verarbeitet und mit bekanntem Wissen verknüpft wird, hat eine Chance, auch ins Langzeitgedächtnis zu wandern. Besonders gut bleibt im Gedächtnis, was wir mit mehr als einem Sinn wahrnehmen, was unsere Lebenswirklichkeit betrifft und was linke und rechte Gehirnhälfte gleichzeitig beansprucht. Zwei Beispiele: Wenn ein Kind Französisch lernen soll, nur weil es auf dem Stundenplan steht, es aber nie nach Frankreich kommt, werden die Lernfortschritte begrenzt sein. Hat es dagegen einen französischsprachigen Freund, wird das Sprachenlernen deutlich besser klappen. Ein Dreijähriger wird erst dann verinnerlicht haben, dass er nicht auf die Herdplatte fassen darf, wenn er selbst festgestellt hat, dass sie heiß ist. Die Ermahnung der Eltern dagegen verlässt das Gehirn so schnell wieder, wie sie hineingelangt ist. Die Herausforderung für Lehrer und Schulkinder gleichermaßen: Das Kurzzeitgedächtnis ist nicht besonders aufnahmefähig, es kann nur kleine Wissenshappen verdauen und braucht regelmäßig eine Pause. Das sollten Lehrkräfte bedenken, wenn sie ihren Schützlingen Wissen vermitteln wollen. Im klassischen Frontalunterricht hilft es, alle fünf Minuten eine kleine Pause einzuplanen. Da reicht es schon, einen Witz einzuschieben, jemanden zu bitten, das Fenster zu öffnen oder Arbeitsblätter auszuteilen. Nach etwa einer halben Stunde braucht das Gehirn dann aber eine längere Pause oder ein neues Thema, sonst ist es nicht mehr aufnahmefähig. Auch Konzentration müssen Kinder erst lernen. Sie können sich ab dem Vorschulalter ganz gut Titelthema ‹ 43 konzentrieren (bis zu 15 min), wenn sie etwas gefunden haben, was sie sehr interessiert. Mit neun Jahren reicht die Konzentrationsspanne von Kindern bis zu 20 min, mit elf Jahren bis zu 30 min. Das heißt: Selbst Kinder im Übergang zur weiterführenden Schule sind noch weit entfernt von der Konzentrationsfähigkeit eines jungen Erwachsenen. Hilfreich, um die Konzentration zu erleichtern und zu fördern: kurze und gelegentlich längere Pausen, die mit Bewegung einhergehen sowie gesunde, vollwertige Ernährung. Lernen als Baby, Kleinkind, Schulkind Kinder lernen jeden Tag und das beginnt bereits als Embryo im Bauch der Mutter und steigert sich noch mal deutlich nach der Geburt. Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen Neues (Kennen-)Lernen. Aufgabe von uns Eltern, von Erziehern und Lehrerinnen ist es, diese Neugierde zu nutzen und zu bewahren. Kinder lernen anders als Erwachsene, die zielgerichtet und bewusst Neues lernen (z.B. eine Fremdsprache). Kinder dagegen brauchen zum Lernen Zeit und Raum zum Spielen, soziale Interaktion, feste Bindungen z.B. zu Eltern und Erzieherinnen. Sie lernen besser und nachhaltiger, wenn sie ganzheitlich lernen. Sie müssen ihre Umgebung sehen und hören, schmecken und riechen, und natürlich fühlen und begreifen. Im Baby- und Kleinkindalter lernen sie noch spielerisch und nebenbei, im Spiel und in Alltagssituationen. Lange vor der ersten Mathestunde haben sie sich so mathematische Fähigkeiten angeeignet: indem sie Becher in der Wanne mit Wasser füllen, Bauklötzer stapeln, ihre Kuscheltiere nach Größe sortieren, Gummibärchen mit der besten Freundin aufteilen, Muster erkennen: z.B. auf der Tischdecke oder die Melodie des GuteNacht-Liedes. Sie haben Quatschreime gedichtet und auf Straßenschildern den Anfangsbuchstaben ihres Namens entdeckt. Das Schöne an all diesen frühen Lernerfahrungen: Sie kommen direkt aus ihrer Lebenswirklichkeit, die Kinder können das erworbene Wissen in ihrem Alltag anwenden, es hilft ihnen weiter. Auf den kommenden Seiten haben wir einige Anregungen gesammelt, mit denen Sie Ihren Nachwuchs spielerisch und ganzheitlich fördern können. Bei den meisten Projekten wird Ihr Kind nicht einmal merken, dass es gerade lernt. Die Lebensjahr-Angaben dienen nur der groben Orientierung, jedes Kind ist individuell.
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