lausebande-09-2025

Titelthema ‹ 61 weiter steigenden Arbeitsbelastungen über Teilzeitarbeit nachdenken. Damit werden die Pläne der Landesregierung aber zu einer Milchmädchenrechnung. Die Hoffnung, durch eine Arbeitszeiterhöhung den Unterricht besser abzusichern, wird sich nicht erfüllen. Das Gegenteil wird der Fall sein. Wir werden sehr viele Lehrkräfte verlieren. Im Übrigen werden auch die Qualifizierungen für Seiteneinsteigende ausgesetzt. Das alles führt zu einer dramatischen Veränderung in der Lehrer-Schüler-Relation. Ich gehe davon aus, dass wir auch in dieser Hinsicht zum Schlusslicht in Deutschland werden. Das heißt die Klassen werden noch voller, die Bedingungen für das Lernen und das Lehren noch schlechter. Haben Sie dazu konkrete Zahlen? Die alte Regierungskoalition hatte sich darauf verständigt, eine Lehrer-Schüler-Relation von 1 zu 14,5 festzuschreiben. Das hieß also, wenn die Schülerzahlen nach oben gingen, dann hatte man mehr Lehrerstellen im System. Ob man die alle besetzen konnte, das war eine ganz andere Frage, aber das war ein gewisser Automatismus. Das wurde durch die neue Landesregierung nicht mehr festgeschrieben. Durch die neuen Regelungen und die Entwicklung der Schülerzahlen haben wir in Brandenburg jetzt eine Lehrer-Schüler-Relation von 1 zu 20. Und da sind noch nicht mal Abordnungen oder Lehrerausbildungsmaßnahmen eingerechnet. Gleichzeitig wird die Vertretungsreserve gekürzt. Die Schulen haben also weniger Möglichkeiten, zusätzliches Lehrpersonal vorzuhalten. Besonders hart betroffen sind die Grundschulen und die Oberschulen. Sie können kaum noch Förderunterricht anbieten. Damit fällt jede Möglichkeit der individuellen Förderung faktisch weg, sowohl was Begabungen betrifft, als auch dort, wo man zusätzliche Unterstützung gewähren muss. Die Klassen sind übervoll und die Heterogenität nimmt weiter zu. Es ist ein gravierender Eingriff, den man durch diese Haushaltsbeschlüsse verursacht hat. Er ist unverantwortlich. Gilt das für ganz Brandenburg? Nein, die Schülerzahl wächst nicht überall kontinuierlich auf. Die Folge ist aber, dass die regionalen Unterschiede im Land noch größer werden. Wir haben einerseits Regionen, wo es noch schwieriger wird, die Schulen zu erhalten, weil es nicht genug Kinder gibt. Und gleichzeitig gibt es in bestimmten Hotspots Zuzug. Das hat etwas damit zu tun, dass der Speckgürtel um Berlin immer größer wird, im Norden reicht er bis Eberswalde, im Süden bis Finsterwalde. Andererseits haben wir Regionen wie die Lausitz, die Uckermark oder die Prignitz, wo die Schülerzahlen zurückgehen werden. Die Landesregierung argumentiert, dass es in den meisten anderen Bundesländern schon diese 28 Stunden gibt und Brandenburg jetzt eigentlich nur nachzieht. Gehen Sie da mit? Tatsächlich ist die Arbeitszeit der Lehrkräfte eine sehr theoretische Größe. Wenn ich zum Beispiel nach Berlin schaue, dort haben die Grundschullehrkräfte mit ihren 28 Wochenstunden Unterrichtszeit jede Menge Möglichkeiten für Anrechnungsstunden wie Klassenleitung, Fachkonferenzleitung und vieles mehr. Das heißt wenn sie bestimmte Tätigkeiten übernehmen, die über den normalen Unterricht hinausgehen, müssen sie weniger unterrichten. Solche Anrechnungsmöglichkeiten gibt es in Brandenburg kaum. Und wenn man also die tatsächliche Arbeitszeit am Kind – im Unterricht – vergleicht, dann funktioniert das Argument nicht mehr. Dazu kommt, dass die Laufbahnen und die Einkommen für Lehrkräfte in anderen Bundesländern besser sind. Der Lehrerberuf wird dadurch bei uns noch unattraktiver. Wie will die GEW jetzt weitermachen? Es ist zuerst einmal so, dass die politische Auseinandersetzung nicht zu Ende sein wird. Es ist eine Illusion der Landesregierung zu glauben, wir gehen zur Tagesordnung über. Das werden wir nicht tun. Das Zweite ist, dass wir juristische Schritte dazu prüfen und vorbereiten. Denn man kann nicht einfach sagen, ich erhöhe die Pflichtstunden, sondern man muss glaubhaft in der Arbeitszeit Entlastungen festlegen, damit die wöchentliche Gesamtarbeitszeit nicht überschritten wird. Die Landesregierung hat bereits erste Maßnahmen zur Entlastung angekündigt… Ja, aber das ist ein bunter Blumenstrauß von teilweise kabarettistischen Einlagen. Sie sieht beispielsweise die Vergabe von E-Mail-Adressen als Arbeitserleichterung. Da kann ich Ihnen glaubhaft versichern, seitdem ich eine E-Mail-Adresse habe, habe ich nicht weniger zu tun. Und auch die digitalen Endgeräte bringen keine Arbeitsentlastung, wenn diese einfach nicht funktionieren und solange der Breitbandausbau nicht parallel passiert. Oder wenn ich eine Prüfung streiche, wie in Klasse 10 am Gymnasium, dann ist das nur

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2