lausebande-09-2025

Spezial ‹ 65 Netzwerke zudem altersgerecht gestaltet werden – beispielsweise bei den algorithmischen Vorschlägen, durch ein Verbot von personalisierter Werbung oder durch die Unterbindung besonders suchterzeugender Funktionen wie PushNachrichten und endloses Scrollen. • Die Nutzung von Smartphones in Kitas und Schulen sollte bis einschließlich Klasse 10 verboten werden. Die Empfehlungen fußen auf diversen repräsentativen Studien. Bereits vor zwei Jahren überraschte eine Studie (zu finden unter: Studie „Extrem einsam?“) mit dem Ergebnis, dass sich unter den 16- bis 23-Jährigen 55% manchmal oder immer einsam fühlen, 25% sogar angaben, im Falle problematischer Einsamkeit bzw. Traurigkeit und Depression nicht zu wissen, an wen sie sich wenden könnten. Und dass, wo die Zahl der Todesfälle durch Suizid aufgrund von Depressionen in unserem Land inzwischen die Zahl der Verkehrstoten übersteigt. Inzwischen belegen viele internationale Studien den Zusammenhang zwischen der Intensität der Nutzung Sozialer Medien und der Zunahme von Einsamkeit und Depressionen bei jungen Menschen. Das Papier der Leopoldina beleuchtet zudem weitere Folgen wie die Zunahme von Angstsymptomen, Aufmerksamkeits- oder Schlafproblemen durch Nutzung Sozialer Medien. Ebenso frisch erschien in diesem Frühjahr eine Studie der Uniklinik Ulm, die erstmals in Deutschland repräsentativ sexuelle Grenzüberschreitungen und sexualisierte Gewalt untersucht, die online im Kindes-​ und Jugendalter stattfand. Das Ergebnis: Etwa ein Drittel der jungen Erwachsenen (18 bis 29 Jahre) waren in ihrer Kindheit betroffen – und damit mehr als dreimal so viele wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Aufgrund des Alters der Befragten ist dies natürlich eine Rückschau und sollte bei fürsorglichen Eltern Alarm auslösen, was aktuell bei deutlich stärkerer Versorgung der Kids mit Smartphones und Sozialen Medien und schlecht regulierten Plattformen passieren kann. Übrigens zeigen Studien klar, dass Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt kein „Unterschichtenproblem“ sind, sondern sich quer und gleichmäßig verteilt durch alle sozialen Schichten unserer Gesellschaft ziehen. Beim digitalen Mobbing sieht es ebenso fatal aus. Aktuell sind 18,5 Prozent der Schüler:innen von Cyberbullying betroffen. In absoluten Zahlen sind das mehr als zwei Millionen Kinder und Jugendliche in unserem Land. Das zeigt die Studie „Cyberlife V – Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern“ vom Oktober 2024. Ähnliche Zahlen lieferte eine Studie des Sinus-Instituts, laut der jede:r sechste 14- bis 17-Jährige betroffen war. „Tatorte“ sind hauptsächlich WhatsApp (50 Prozent), TikTok (43 Prozent) und Instagram (38 Prozent). Die psychischen Folgen reichten von Stress und Angst bis hin zu Depressionen und Suizidgedanken. Laut der JIM-Studie 2024 („Jugend, Internet, Medien) berichten 61 Prozent der Jugendlichen (12 bis 19 Jahre) außerdem von Konfrontationen mit Fake News, beleidigenden Kommentaren (57 Prozent) und extremen politischen Ansichten (54 Prozent) – alles deutlich gestiegen gegenüber 2021. Ein weiteres Phänomen betrifft vor allem Frauen: Der „digitale Schlankheitsdruck“, verstärkt durch Algorithmen (z. B. auf TikTok), fördert einseitige Schönheitsideale und kann zu gestörtem Essverhalten und Körperunzufriedenheit führen. In einer finnischen Studie wies 2024 mehr als jedes dritte 16-jährige Mädchen Symptome einer Angststörung auf. Eine intensive Social Media Nutzung war verbunden mit einem negativeren Körperbild, schlechterer Stimmung und mehr Einsamkeit. Vorliegende Daten und Fakten sind alarmierend – und wie gehen wir Eltern und unsere Gesellschaft damit um? Das Bild ist leider sehr ernüchternd. Kindheitsprägendes Smartphone Jedes zweite Kind besitzt ein eigenes Smartphone – so die KIM-Studie (Kinder, Internet Medien) im Jahr 2024. Umso älter, desto verbreiteter ist das Handy: angefangen bei 11 Prozent der 6- bis 7-Jährigen bis hin zu 79 Prozent bei 12- bis 13-Jährigen. Die aktuelle Postbank-Digitalstudie ermittelte 44 Prozent Handybesitzer vor dem 11. Geburtstag. Die Hauptbeschäftigung am Handy neben Daddeln: WhatsApp und Soziale Medien wie TikTok, Instagram, Snapchat oder YouTube. Mit dem Alter nehmen Nutzungshäufigkeit und -dauer zu. Während unter den 6- bis 13-Jährigen noch etwa jede:r zweite täglich Soziale Medien nutzt, sind es unter den 12- bis 19-Jährigen schon über 80 Prozent – Früher oder später kommen die meisten Jugendlichen in Kontakt mit Cybermobbing. Jatuporn Tansirimas, istock

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