Darüber hinaus ist die Natur für Familien ein riesiger Lern- und Erlebnisraum. Bäume, Steine, Pflanzen oder Tiere wecken Neugier und machen Zusammenhänge begreifbar, die im Klassenzimmer oder Kinderzimmer nur sehr theoretisch zu vermitteln sind. Kinder erleben, wie sich ein Ameisenhaufen verhält, sehen, dass Moos meist auf der Nordseite wächst oder wie Regenwürmer den Boden umgraben. Auch kleine Naturphänomene wie das Plätschern eines Bachs, das Glitzern von Tautropfen oder das Knacken von Ästen wirken auf Kinder faszinierend. Diese unmittelbaren Erfahrungen fördern Kreativität, Aufmerksamkeit und Umweltbewusstsein. Nicht zu unterschätzen ist auch die Wirkung auf die Familienbande. Sie stärkt das Miteinander und schafft Erlebnisse, an die sich alle lange erinnern. Abseits von Fernseher, Tablet oder Termindruck entsteht eine Atmosphäre, in der Gespräche, Spiele und gemeinsames Staunen wieder Raum finden. Für Eltern kann eine Wanderung eine willkommene Abwechslung zum Alltagsstress sein. Und schließlich stärkt Wandern das Selbstvertrauen. Wer als Kind erlebt, dass er oder sie eine Strecke aus eigener Kraft bewältigen kann, spürt Selbstwirksamkeit. Jeder erklommene Hügel, jede überquerte Brücke und jeder erfolgreich zurückgelegte Weg ist ein kleiner Sieg, der Mut macht – weit über den Tag hinaus. 58 › Titelthema Vorbereitung und Planung Doch eine Familienwanderung ist nicht einfach eine verkürzte Version einer Erwachsenen-Tour. Sie will gut geplant sein, denn die Bedürfnisse von Babys, Kleinkindern oder Grundschulkindern unterscheiden sich erheblich von denen der Eltern oder Großeltern. Damit der Ausflug in die Natur für alle zu einem gelungenen Erlebnis wird, braucht es passende Wege, die richtige Ausstattung, kindgerechte Ideen für unterwegs – und ein bisschen Geduld. Die Länge der Strecke, die Dauer, das Gelände, die Tageszeit und auch die Jahreszeit spielen eine entscheidende Rolle dafür, ob der Ausflug ein Erfolg wird oder in Frust endet. Wer mit dem Baby wandert, kann bei Einplanung von ausreichend Pausen zum Wickeln und Stillen bzw. Füttern auch längere Strecken zurücklegen – vorausgesetzt das Baby läuft noch nicht selbst, sondern kommt im Kinderwagen oder in einer Trage mit. Allerdings sollte man das Gewicht der Trage, die zusätzlich zum Wandergepäck zu schultern ist, nicht unterschätzen. Wer sich stattdessen für den Kinderwagen entscheidet, sollte ein robustes Modell mit breiten Reifen wählen und sich vorab erkundigen, ob die Strecke für Kinderwagen geeignet ist. Im Anschluss an dieses Titelthema berichtet eine Familie von ihrer Gebirgswanderung mit Baby – samt allen Höhepunkten und Hürden. Für Kleinkinder sind kurze Wege von ein bis vier Kilometern ausreichend. Wichtig ist, immer wieder Pausen einzubauen, die zum Spielen und Erkunden der Natur genutzt werden können. Kita- und Vorschulkinder schaffen in der Regel drei bis sechs Kilometer, solange der Weg abwechslungsreich bleibt. Sie verlieren schnell das Interesse, wenn über längere Zeit nichts Spannendes passiert. Grundschulkinder können je nach Kondition und Motivation auch Touren von sechs bis zehn Kilometern bewältigen, wenn Aussichtspunkte, kleine Abenteuer oder Spielmöglichkeiten eingeplant sind. Diese Werte sind nur grobe Anhaltspunkte, je nach Kondition und Wandererfahrung können die Kinder auch mehr oder weniger schaffen. Nicht weniger wichtig ist die Wahl der Tages- und Jahreszeit. Frühling und Sommer sind ideal, solange auf Sonnenschutz geachtet wird und ausreichend Getränke mitgenommen werden. An sehr heißen Tagen sollten die Wanderschuhe allerdings im Schrank bleiben. Der Herbst lockt mit bunten Farben und mildem Wetter, er ist für Familien oft die angenehmste Wanderzeit. Im Winter hin- Wegweiser erleichtern die Orientierung © Matthias Nerenz
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