lausebande-11-2017

Titelthema :: Seite 45 Wissenschaftliche Beweise dafür fehlen, das ge- stand die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopä- die 2008 sogar selbst in einer Stellungnahme ein, die heute allerdings nicht mehr ohne weiteres im Netz zu finden ist. Darin heißt es: „100 Jahre nach Gründung der wissenschaftlichen Gesellschaft fehlen uns die Beweise, die heutzutage anerkannt werden. Es existiert keine Studie zur langfristigen Wirkung der kieferorthopädischen Intervention noch zu ihrer Aus- wirkung auf die Mundgesundheit. Ob die Behebung von Zahnfehlstellungen eine wirksame Vorausset- zung für den Erhalt der natürlichen Zähne ist, ist nicht beantwortbar. Das Kariesrisiko kann in keiner Weise quantifiziert werden.“ Genau das sagen auch die Kritiker: Eine Zahnspan- ge mag die Zähne schöner machen, ob sie dadurch auch gesünder werden bzw. bleiben, ist unsicher. Stattdessen drohen durch eine kieferorthopädische Behandlung Nebenwirkungen, wie auch bei jeder anderen medizinischen Behandlung. Das sollten El- tern abwägen. Sehr viel entscheidender für gesunde Zähne als ihre gleichmäßige Stellung, sei eine regel- mäßige gründliche Zahnhygiene. Früh und morgens Putzen garantiere also eher gesunde Zähne als eine Zahnspange. Es gibt mehrere Studien, die einen Zu- sammenhang zwischen einfachen Zahlfehlstellun- gen und gesundheitlichen Problemen mindestens in Frage stellen, wenn nicht sogar widerlegen. Eine dieser Studien erschien 2016 im von Bertelsmann und Barmer herausgegebenen Gesundheitsmonitor. Wir stellen kurz die wichtigsten Ergebnisse der Stu- die dar: Befragt wurden 1.500 Patienten mit Zahnspange zwischen 10 und 17 Jahren. Sie füllten gemeinsam mit ihren Eltern einen umfangreichen Fragebogen aus. 61 Prozent gaben an, dass sie vom Zahnarzt besonders schwierigen Behandlungsfälle erhöht. Durch die KIG kam es zu einer erwarteten Verschie- bung in Richtung teurere Behandlungen. Wie schon erwähnt, sollte durch die Einführung der KIG eine trennscharfe Grenzziehung greifen: Befunde mit eindeutiger, medizinischer Behandlungsnotwendig- keit sollten von jenen mit nicht ausreichend begrün- deter Behandlungsnotwendigkeit klar unterscheid- bar werden. Als Effekt war zu erwarten, dass nur die wirklich behandlungsbedürftigen schwierigen, aber insgesamt auch kostenintensiveren Behandlungs- fälle zu Lasten der GKV erbracht werden können. Ein weiterer Grund für die Steigerung der Fallkosten sind längere, kieferorthopädische Behandlungen, die über die ursprünglich beantragte Zeit hinaus- gehen. Deren Anzahl hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.“ Wann braucht mein Kind eine Zahnspange? Die Kostenübernahme der Krankenkassen beruht auf einem Urteil des Bundessozialgerichts im Jahr 1972. Seitdem gelten Zahnfehlstellungen als Krank- heit, zuvor war Kieferorthopädie eine reine Privat- leistung. Seit der Neuregelung stiegen auch die Zahlen kieferorthopädischer Behandlungen lange Zeit an. Erst mit Einführung des KIG-Schemas 2002 gingen sie wieder langsam zurück. Die Mehrzahl der Kieferorthopäden sagt, dass Zahn- fehlstellungen zu gesundheitlichen Problemen füh- ren können – die Bedeutung liegt auf letztem Wort. Wenn eine Zahnfehlstellung nicht behandelt wird, drohen angeblich folgende Gesundheitsrisiken: Pro- bleme mit dem Kauen und Sprechen, bei der Zahn- reinigung, in der Folge Zahnfleischentzündungen und Karies, Kiefergelenkprobleme, Kopfschmerzen, Schleimhauteinbisse. » COTTBUS gemeinnützigeGmbH Kinder- und Jugendnotdienst Erziehungs- und Familienberatung 25 Jahre Jugendhilfe Cottbus e.V. 0355-4786120 0800-4786111 kostenfrei Auswege finden Lösungen suchen beraten schützen unterkommen www.jhcb.de (kostenfrei rund um die Uhr)

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2