lausebande-11-2017

Titelthema :: Seite 47 so auffällige Fehlstellungen haben, dass diese zwar keine körperlichen Beschwerden verursachen, aber Auslöser für psychosoziale Probleme sein könnten. Auch dann sei eine Finanzierung über die Kranken- versicherung gerechtfertigt, sagt Madsen. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenver- sicherung kennt die Vorwürfe, dass zu viele kos- metische Eingriffe übernommen würden und dass sie oft zu lange dauern und will reagieren, wie es auf „lausebande“-Nachfrage heißt: „Der GKV-Spit- zenverband hält es für wichtig, dass Notwendigkeit, Wirkungen, Nebenwirkungen und Nutzen kieferortho- pädischer Behandlungen nach objektiven Kriterien – evidenzbasiert – wissenschaftlich untersucht wer- den. … Derartige Studien sind aufwändig, aber ihre Durchführung ist unvermeidlich, wenn tatsächlich belastbare Ergebnisse zur Wirksamkeit verschiedener Behandlungsmaßnahmen gewonnen werden sollen. … Der GKV-Spitzenverband hält daher eine Nutzen- bewertung durch das Institut für Qualität und Wirt- schaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auf- trag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) für sinnvoll und wird sich dafür einsetzen.“ Je nach- dem was bei einer solchen Studie herauskommt, werde man die Kostenerstattung ggf. anpassen. Denkbar sei die Einführung von Behandlungspau- schalen ebenso wie eine Änderung der Behand- lungszeiträume. Ursachen für Zahnfehlstellungen Mutter Natur hat leider den wenigsten von uns ein perfektes Gebiss mitgegeben. Etwa jedes dritte Kind hat Zahnfehlstellungen, die so stark ausge- prägt sind, dass sie behandelt werden sollten, wenn auch nicht immer aus medizinischen Gründen. Ein weiteres Drittel hat weniger starke Fehlstellungen, deren Behandlung wäre aus kosmetischer Sicht wünschenswert, aber aus medizinischer Sicht nicht notwendig. Beim letzten Drittel würde der Kieferor- thopäde sagen: Kann man behandeln, muss man aber nicht. Übrig bleiben etwa fünf Prozent mit Hol- lywood-Lächeln. Die Ursachen für Zahnfehlstellungen sind ganz unterschiedlich. Langes Daumenlutschen oder der Einsatz des Nuckels noch nach dem 3. Geburtstag können zu Fehlstellungen führen. Eltern können in den ersten Lebensjahren des Nachwuchses da- her folgendes für ein gleichmäßiges Gebiss tun: Das Kind stillen, denn das Saugen unterstützt das Kieferwachstum. Den Nuckel möglichst früh ab- gewöhnen, sonst droht ein offener Biss, bei dem obere und untere Schneidezähne nicht mehr rich- tig aufeinander beißen. Auch Angewohnheiten wie Nägelkauen oder auf die Unterlippe beißen können zu Zahnfehlstellungen führen. Viele Fehlstellun- gen sind vererbt. Sehr häufig haben die Zähne auch einfach zu wenig Platz, weil der Kiefer zu klein ist. Die Wissenschaft geht davon aus, dass unser Kiefer evolutionär immer kleiner wird, da er heute kein Mammut mehr kauen muss, sondern Zerkleinertes und Gegartes. Er wird also weniger beansprucht, die Zahl der Zähne aber bleibt gleich. Die Folgen sind ganz unterschiedlich: Die häufigsten Zahnfehlstellungen Überbiss – Die oberen Schneidezähne stehen vor, der Oberkiefer ragt über den Unterkiefer. Beim Zu- sammenbeißen treffen die Schneidezähne nicht auf- einander. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung haben Überbiss. Problematisch wird es, wenn der Überbiss sehr ausgeprägt ist. Bei einem starken Überbiss ist beispielsweise die Verletzungsgefahr an den Zäh- nen bei einem Sturz erhöht. Überdecken die oberen Schneidezähne die unteren beim Zusammenbeißen so stark, dass man diese nicht mehr sieht, spricht » Die Mehrzahl der Kieferorthopäden sagt, dass Zahnfehlstellungen zu gesundheitlichen Pro- blemen führen können. Wissenschaftliche Be- weise dafür fehlen. Stattdessen spielen bei den meisten Behandlungen ästhetische Aspekte eine Rolle: Kinder und Eltern möchten ein strahlen- des, gleichmäßiges Lächeln. Foto: Kieferorthopädie / Svea Pietschmann

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