lausebande-11-2017
Titelthema :: Seite 49 teten Überbiss zahlt die Kasse erst, wenn die oberen Schneidezähne mehr als 6 Millimeter überstehen. Hier kann ein Millimeter über die Behandlungskos- ten von mehreren tausend Euro entscheiden. Ist der Befund sehr nah an diesem Grenzwert, sollten El- tern eine Zweitmeinung einholen. Kommt der zweite Kieferorthopäde zu einem anderen Befund, wird die Krankenkasse einen Gutachter beauftragen. Kritiker des KIG-Schemas sagen, dass die dort fest- gelegten Werte willkürlich festgelegt, aber nicht me- dizinisch indiziert seien. Der GKV-Spitzenverband sagt: „Die Grade drei bis fünf der kieferorthopädi- schen Indikationsgruppen enthalten ausgeprägte Zahnfehlstellungen und Kieferanomalien, deren Korrektur aus medizinischen Gründen notwendig bzw. dringend erforderlich erscheint.“ Wiefinde ichdenrichtigenKieferorthopäden? Wenn sich Eltern und Kind für eine kieferorthopä- dische Behandlung entscheiden, ganz gleich aus welchen Gründen, sollten sie sich zunächst auf die Suche nach einem guten Arzt machen. Dazu kann man sich im Bekanntenkreis umhören. Da die Be- handlung langwierig ist und die Kinder über Jahre regelmäßig dort hinmüssen, ist es sicher einfacher für die Familie, wenn der Kieferorthopäde in der Nähe des Wohnortes seine Praxis hat. Im Idealfall können ältere Kinder ihn auch allein erreichen. Eltern verbunden, nicht nur mit finanziellen. Die anfangs vielleicht noch coole Spange könnte bald schon verhasst sein. Eine Elfjährige lässt sich eher in eine Entscheidung mit solcher Tragweite einbe- ziehen als eine Fünfjährige. Bei der Entscheidung sollten Eltern auch bedenken, dass Zahnspangen in manchen Kreisen mittlerweile als hip gelten. Aber braucht mein Kind bunte Brackets, nur weil fast alle Freunde welche haben? Gesetzliche Grundlagen Die Behandlung einer Zahnfehlstellung erfolgt nicht nach Gutdünken des Kieferorthopäden. Für den Ab- lauf der Behandlung gibt es rechtliche Grundlagen: Für gesetzlich Versicherte gilt § 29 des fünften Sozi- algesetzbuches. Demnach haben Versicherte bis zum 18. Lebensjahr Anspruch auf eine kieferorthopädi- sche Behandlung, wenn eine Kiefer- oder Zahnfehl- stellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beein- trächtigen droht. Weitere Informationen finden sich im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte und in den kieferorthopädischen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkas- sen. In den Richtlinien ist u.a. festgelegt: • Ausschließlich kosmetische Behandlungen sind keine Kassenleistung. • Kieferorthopädische Behandlungen sollen in der Regel erst im späten Zahnwechsel begonnen werden, Ausnahmen sind nur in bestimmten Fällen möglich. • Der Kieferorthopäde soll die wirtschaftlichste Behandlungsmethode auswählen. • Die Patienten und die Eltern sollen ausreichend aufgeklärt und motiviert werden. Das KIG-Schema: Wann zahlt die Kasse? Anlage zu dieser Richtlinie ist das oben bereits er- wähnte KIG-Schema. Dieses wurde im Jahr 2002 eingeführt, um auszuschließen, dass kosmetische Behandlungen über die Krankenkasse abgerechnet werden. Es gibt fünf kieferorthopädische Indikati- onsgruppen (KIG). Je nach Befund, wird der Pati- ent in eine der Gruppen eingestuft, die Kasse über- nimmt die Behandlungskosten nur, wenn Stufe 3, 4 oder 5 vorliegt. Richtwert für die Einstufung sind fast immer Millimeter-Angaben. So fällt ein offener Biss erst ab einem Abstand von 2 mm in KIG 3 und wird damit von den Kassen getragen. Beim weit verbrei- » Den passenden Kieferorthopäden zu finden, ist nicht immer ganz einfach. Kind und El- tern sollten sich gut aufgehoben und vor allem gut aufgeklärt fühlen. Ein guter Arzt nimmt sich ausreichend Zeit für den Patienten, geht auch auf das Kind und seine Wünsche ein, beantwor- tet alle Fragen und klärt transparent über die Be- handlung und die Kosten auf. Foto: Kieferorthopädie / Svea Pietschmann
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