lausebande-11-2017
Titelthema :: Seite 50 drücke der Zähne. Ist noch nicht sicher, wie stark das Kind noch wächst, wird vielleicht auch die Hand geröntgt. Anhand des Verknöcherungsgrads an den Gelenken lässt sich das weitere Wachstum abschätzen. Nach den Befunden stellt der Kieferor- thopäde einen detaillierten Heil- und Kostenplan auf. Dieser listet die geplanten Behandlungen und Therapien samt Kosten auf. Daraus können die El- tern auch ablesen, welche Kosten die Kasse trägt, welche sie zunächst selbst bezahlen müssen, aber bei erfolgreicher Therapie erstattet bekommen und welche Leistungen gänzlich privat zu zahlen sind. Der Heil- und Kostenplan wird bei der Krankenkasse eingereicht. Sobald diese ihn genehmigt hat, kann die Behandlung beginnen. In der Regel muss sich das Kind alle vier bis sechs Wochen beim Kieferor- thopäden vorstellen, in der Anfangszeit ggf. auch öfter. Die Behandlung dauert im Schnitt vier Jahre, je nach Mitarbeit der Patienten und Befund auch kürzer oder länger. Wird zunächst mit einer losen und dann mit einer festen Spange therapiert, kann auch eine Behandlungspause dazwischen liegen. Was passiert eigentlich während der Behandlung mit dem Gebiss? Je nach Befund versucht der Kie- ferorthopäde, das Wachstum von Kiefer und/oder Zähnen zu verlangsamen, zu beschleunigen bzw. in die richtige Richtung zu lenken. Da die Zähne von Natur aus nicht völlig fest im Kiefer verankert sind, sondern sich ohnehin bewegen, kann der Kieferor- thopäde diese natürliche Zahnbewegung beschleu- nigen und lenken. Das Problem dabei: Der Zahn ist von einem sogenannten weichen Faserbündel umgeben, welches durch die Zahnspange gestreckt und gedehnt wird. Kommt die Spange wieder raus, wollen die Faserbündel wieder zurück in ihre ur- sprüngliche Stellung. Die Folge: Nach Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung droht ein Rückfall: Zähne oder Kiefer schieben sich wieder zu- rück in ihre ursprüngliche Position. Das ist auch ein Grund dafür, warum viele Patienten nach Behand- lungsabschluss noch lange einen sogenannten Re- tainer tragen müssen. Auch hier gibt es unterschied- liche Modelle: Klebedrähte, die von innen auf die Zähne geklebt werden und lose Retentionsspangen, die nachts zu tragen sind. Herausnehmbare oder feste Spange? Welche Behandlung für welches Kind die sinnvolls- te und passende ist, entscheidet der Arzt gemein- Hat man sich für eine Praxis entschieden, sollte der erste Eindruck stimmen. Kind und Eltern sollten sich gut aufgehoben und vor allem gut aufgeklärt fühlen. Ein gutes Vertrauensverhältnis ist gerade auch we- gen der Länge der Behandlungsdauer sehr wichtig. Ein guter Arzt nimmt sich ausreichend Zeit für den Patienten, geht auch auf das Kind und seine Wün- sche ein, beantwortet alle Fragen und klärt transpa- rent über die Behandlung und die Kosten auf. Deutet sich an, dass der Kieferorthopäde vor allem auf Ge- winn aus ist, weil er zum Beispiel mit einem Behand- lungsabbruch droht, wenn man sich gegen die selbst zu finanzierenden Zusatzleistungen entscheidet, soll- te man über einenWechsel nachdenken. Wer sich dort besser aufgehoben fühlt, kann einen ganzheitlichen Kieferorthopäden aufsuchen, der die klassische Behandlung nach Schulmedizin um na- turheilkundliche Verfahren erweitert bzw. ersetzt. Nach Verbandsangaben der naturheilkundlich tä- tigen Zahnärzte legen diese in der Behandlung den Fokus darauf, dass es wechselseitige Beziehungen zwischen den Zähnen, dem Mundraum und dem gesamten Organismus des Menschen gibt. Beispiels- weise geht die ganzheitliche Zahnmedizin davon aus, dass die Entfernung von bleibenden Zähnen durch eine weniger ausgeprägte Nasenatmung zu einer schlechteren Entwicklung des Nasenraumes und in der Folge ebenfalls zu einer schlechteren Ent- wicklung des Brustraums führt. Daher gehört es zu den Grundsätzen ganzheitlicher Kieferorthopäden, keine gesunden Zähne zu ziehen, wie es ein „klassi- scher“ Kieferorthopäde vielleicht bei Zahnengstand machen würde. Alternative Zahnärzte behandeln also nicht nur Symptome, sondern schauen ebenso auf die Ursachen. Auch sie arbeiten zur Korrektur von Zahnfehlstellung mit Apparaturen, die man im Mund einsetzen kann, allerdings vorwiegend mit losen und nicht mit festen – mit den o.g. Vor- und Nachteilen. Üblich sind der sogenannte Bionator und die Crozat-Apparatur. Die klassische Therapie ergänzen sie um naturheilkundliche Begleitthera- pien wie Atemtherapie oder Lymphdrainage. Hier gilt der Grundsatz: Sie behandeln den ganzen Men- schen, nicht nur das Gebiss. Hat man sich für die Therapie und einen Kieferor- thopäden entschieden, beginnt die Behandlung. Zunächst werden mit Hilfe verschiedener Untersu- chungen Zähne, Kiefer und Kind vermessen. Rönt- genaufnahmen gehören ebenso dazu wie Gipsab-
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