lausebande-11-2017

Titelthema :: Seite 55 die Kostenpläne zu verstehen. Was wir dann anbieten: Wir gehen ge- meinsam mit den Ratsuchenden jeden einzelnen Posten durch und erklären jede Leistung mit ihren Vor- und Nachteilen. Dabei haben es Eltern seit Anfang dieses Jahres etwas einfacher. Denn seitdem sind die Kieferorthopäden verpflich- tet, dem Patienten vor der Behand- lung eine Kostenaufstellung mitzu- geben, auf der erläutert ist, welche konkrete Leistung zu welchen Kos- ten geplant ist und wer die Kosten übernimmt. Diese Aufstellung hat zu mehr Transparenz geführt. Das heißt, Sie geben auch keine allgemeinen Empfehlungen dazu, welche Zusatzkosten sinnvoll sind und welche Eltern sich sparen kön- nen? Nein, eine pauschale Antwort ist auch nicht hilfreich; jede Be- handlung ist individuell und hängt einerseits von den Wünschen und Voraussetzungen des Patienten und andererseits von der Erfahrung des Kieferorthopäden ab. Einige Kritiker sagen, dass die Kie- ferorthopäden an ihren jungen Pati- enten vor allemGeld verdienen wol- len – ein begründeter Vorwurf? Die Zahnmedizin ist allgemein durch die gesetzlichen Vorgaben [...] Wenn Eltern und Kind un- sicher sind, ob eine kiefer- orthopädische Behandlung überhaupt notwendig ist, was raten Sie? Dann kann die Patientenbera- tung den Ratsuchenden oft unter- stützend zur Seite stehen. Wir klä- ren Patienten gern darüber auf, welche Vor- und Nachteile, gegebe- nenfalls welche Risiken und Kosten die jeweilige Behandlung mit sich bringt und wie die neuesten medi- zinischen Erkenntnisse aussehen. Wobei eines wichtig ist: Eine di- rekte Empfehlung geben wir nicht ab, unser Ziel ist es vielmehr, dass die Ratsuchenden auf informierter Grundlage selbst die für sie indivi- duell passende Entscheidung tref- fen können. Kritiker kieferorthopädischer Be- handlungen sagen, dass viele Be- handlungen mit Zahnspange aus rein medizinischer Sicht gar nicht notwendig seien. Stattdessen spiel- ten eher ästhetische Gründe eine Rolle. Können Sie das bestätigen? Unsere Zahnärzte beraten aufgrund evidenzbasierter Fakten. Es gibt in der Fachliteratur Untersuchungen und Studien, die sagen: Zahnfehl- stellungen, ganz gleich ob angebo- ren oder durch Angewohnheiten wie Daumenlutschen und Nägel- kauen herbeigeführt, können zu medizinischen Problemen führen. Zu nennen sind Kopf- und Rücken- schmerzen, Zähneknirschen oder Sprechstörungen. Andererseits kann wiederum auch eine Zahn- spangen-Behandlung zu gesund- heitlichen Problemen führen, wie Schädigungen der Zahnwurzel. Über all diese Risiken klären wir auf, damit der Patient eine mündi- ge Entscheidung treffen kann. Na- türlich gibt es auch Patienten, bei denen die Behandlung rein ästhe- tische Gründe hat. Wie viel einem Ratsuchenden ein besonders schö- nes Lächeln wert ist, das ist aber oft keine medizinische Frage, weshalb von den Kassen nur die Behand- lungskosten für ausgeprägte Fehl- stellungen übernommen werden. Laut Monitor Patientenberatung der UPD ist für viele Eltern die hohe Kostenbelastung einer kieferortho- pädischen Behandlung ein großes Thema. Einige Eltern beklagen zu- dem Druck seitens des behandeln- den Kieferorthopäden, sich für die kostenintensivere Variante zu ent- scheiden. Woran erkennen Eltern, welche Zusatzkosten sinnvoll sind und welche überflüssig? Auch wenn es nicht so ist, dass sich Pati- enten regelmäßig von ihren Ärzten unter Druck gesetzt fühlen, spielt das Thema Kosten doch eine gro- ße Rolle in unserer zahnmedizini- schen Beratung. Auch die meisten Zahnärzte wissen: Patienten sind als Laien häufig damit überfordert, Braucht mein Kind wirklich eine Zahnspange? Sind die hohen Kosten ge- rechtfertigt? Über diese und weitere Fragen haben wir mit Dr. Johannes Schenkel gesprochen. Er ist ärztlicher Leiter der Unabhängigen Patienten- beratung Deutschland. Im vergangenen Jahr hat sie 94.000 Beratungen durchgeführt, davon knapp 1.900 zu zahnmedizinischen Fragen einschließ- lich kieferorthopädischer Behandlungen. Eine Zahnarztpraxis ist kein Basar www.lausebande.de [online weiterlesen]

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