lausebande_2021-11_ebook
36 › Aktuelles Börse & Erwartungen: Kein lokaler Versorger kann die Preise von Energieträgern beeinflussen, sie werden an großen Energie- bzw. Rohstoffbörsen gehandelt. So sorgte dann auch eine Entschei- dung an einer Rohstoffbörse für zusätzlichen Preisauftrieb beim Gas. Sie verteuerte an einem der wichtigsten Handelspunkte für Erdgas in Eu- ropa die Sicherheitsleistungen, die Großhandels- unternehmen für abgeschlossene Börsengeschäf- te hinterlegen müssen. Solche Aufwendungen erhöhen ebenso die Handelspreise. Geopolitik: Börsen sind auch von Erwartungen und Unsicherheiten geprägt, und so treiben auch Unsicherheiten über das Verhalten von Förder- ländern wie Russland Preise für Energieträger in die Höhe. Russland hat seine Liefermengen lange nicht erhöht und Nordstream 2 soll erst im Früh- jahr 2022 in Betrieb gehen. Gasimporte aus Russ- land waren bereits im Sommer 2021 rund 146 % teurer als im Vorjahressommer. Zwar erfüllt der russische Gasproduzent Gazprom seine Lieferver- träge mit Europa, die aus den dargestellten Grün- den deutlich gestiegene Nachfrage wird jedoch nicht bedient. Das könnte darauf abzielen, die Preise weiter hochzutreiben oder Druck auszu- üben, damit die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 schneller in Betrieb genommen wird. Energiewende: Gas gilt im Strommix als teuerster Energieträger und kommt aktuell aufgrund des sinkenden Beitrags Erneuerbarer und der star- ken Nachfrage nach Energie auch für die Strom- erzeugung deutlich stärker zum Einsatz als im Vorjahr. Hohe Gaspreise treiben so auch den Preis beim Strom nach oben. Beim fossil erzeug- ten Strom wirken zudem die gestiegenen Preise, die Betreiber von Kohle- und Gaskraftwerken auf jede Tonne ausgestoßenes CO2 zahlen müssen. Durch die sogenannten Emissions-Zertifikate soll Energie aus Kohle grundsätzlich unattrakti- ver werden. Wenn nun aber keine Alternative be- steht, Erneuerbare nicht liefern können und alle Kohle- sowie viele Gaskraftwerke am Limit lau- fen, zahlen Verbraucher die Verteuerung dieser Emissionsrechte mit. Diese Emissionsrechte wir- ken sich nach Expertenmeinung zu etwa einem Fünftel auf den Preisanstieg aus. Da die Preise für Emissionsrechte weiter steigen, werden Prei- se fossiler Energieträger wie Kohle, Gas und Öl auch weiter steigen – das ist eine Folge des poli- tisch gewollten Klimaschutzes. Klimaschutz ist für Verbraucher letztendlich nicht kostenfrei. Zudem gibt es immer öfter Produktionseinbrü- che bei unterschiedlichen Kraftwerken – das sind auch Folgen nachlassender Investitionen in fos- sile Kraftwerke infolge des Ausstiegs aus fossi- len Energieträgern und ein erhöhter Verschleiß durch das zunehmende Hoch- und Herunterfah- ren dieser Kraftwerke je nach Einspeisung von Strom aus Sonne und Wind. An der Tankstelle wirkt sich seit Jahresbeginn 2021 neben Verteue- rungen infolge globaler Entwicklungen zudem der in Deutschland neu eingeführte CO2-Preis aus. Er beträgt 25 Euro je Tonne ausgestoßener CO2-Emissionen und verteuert den Liter Sprit um rund sechs bis acht Cent je Liter. Schaut man sich die vielfältigen Einflussfaktoren auf Marktpreise für Energieträger an, kann man schon aus der Puste geraten. Die hier ausgewie- senen Ursachen machen die Komplexität rund um den Anstieg der Energiepreise sicher deutlich – und sie dürften noch nicht einmal vollständig sein. Während unterschiedliche Einflussfakto- ren oft auch ausgleichend wirken, zeigen sie im Herbst 2021 allesamt in Richtung Preissteigerung. Sie zeigen ebenso, dass es bei den entstehenden Marktpreisen für Energieträger keine Stellhebel für die Versorger vor Ort gibt. Deshalb wird der- zeit auch viel über staatliche Hilfen gesprochen – und die haben viel mit der Zusammensetzung der Energiepreise zu tun, die wir Verbraucher letzt- lich zahlen müssen. Auch die Energiewende verteuert durch CO2-Bepreisung Strom, Gas und Sprit für Verbraucher.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2