lausebande_2021-11_ebook
Titelthema ‹ 55 zerstören nicht nur die „schlechten“ Bakterien, sondern auch die „guten“. Sie spülen einmal den Darm durch und lassen nicht viel übrig. Daher ge- hört Durchfall zu den häufigsten Nebenwirkungen von Antibiotika. Vom zuvor mühsam aufgebauten Mikrobiom im Darm verschwindet vieles, manche gute Bakterien sogar dauerhaft. Das lässt sich an einem weiteren Beispiel veranschaulichen: Er- halten Patienten wegen einer Parodontitis oral Antibiotika, ist manch Mundsoor die Folge, eine Pilzerkrankung. Die Hefepilze befinden sich auch bei gesunden Menschen im Mund, werden aber normalerweise durch Bakterien in Schach ge- halten. Das Antibiotikum vernichtet diese Bak- terien, die Hefepilze können sich ausbreiten. El- tern sollten daher darauf achten, dass ihre Kinder Antibiotika nur dann verschrieben bekommen, wenn dies medizinisch sinnvoll und notwendig ist. Noch immer werden auch bei Erkältungen Anti- biotika verschrieben. Dabei werden viele Erkäl- tung durch Viren verursacht, Antibiotika wirken aber nur gegen Bakterien, nicht gegen Viren. Wer sicher gehen will, kann den behandelnden Arzt um einen sogenannten PCT-Test bitten. Damit lässt sich ein bakterieller Infekt recht zuverlässig ausschließen oder bestätigen. In vielen Kliniken wird er standardmäßig genutzt, um die unnötige Antibiotika-Gabe zu verhindern. Wer dennoch ein Antibiotikum nehmen muss – denn wie ein- gangs beschrieben, kann es durchaus segensreich sein – sollte sich bei der Einnahme genau an die Vorgaben des Arztes halten. Werden Antibiotika kürzer als vorgeschrieben eingenommen, erhöht dies die Chance auf Resistenzen. Übrigens können Familien auch bei der Ernährung Einfluss nehmen: Fleisch- und Wurstprodukte aus Massentierhal- tung sind aufgrund der verbreiteten Gabe von Antibiotika häufig mit multiresistenten Keimen belastet und sollten daher nicht oder nur gut durchgegart verzehrt werden. Aus dem gleichen Grund ist es wichtig, Obst und Gemüse vor dem Verzehr gründlich zu waschen. Durch die Gülle können sich auch hier resistente Keime finden. Hygiene Sie war neben Abstand das A und O der zurück- liegenden zwei Jahre. Mit ausreichend Hygiene durch regelmäßiges und gründliches Händewa- schen, durch den Verzicht auf das kulturell tief verankerte Händeschütteln und durch das Niesen und Husten in die Armbeuge, sollten noch mehr Corona-Infektionen verhindert werden. Manche Experten finden diese Hygienetipps so hilfreich und grundlegend, dass sie unabhängig von Pan- demien beibehalten werden sollten. Dass diese Regeln wirken, hat der drastische Rückgang an Grippeinfektionen im vergangenen Winter ge- zeigt. Für Eltern besteht die Gratwanderung darin, einerseits auf die Einhaltung grundlegender Hy- gieneregeln zu achten, andererseits nicht durch übertriebene Hygiene mehr Schaden als Nutzen anzurichten. Denn tatsächlich gelten Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen und dort mit jeder Menge Dreck und Keimen in Kontakt kommen, als weniger anfällig für Autoimmuner- krankungen und Allergien. Praktisch heißt das: regelmäßiges Händewaschen ist wichtig und richtig, Desinfektionsspray für zu Hause braucht es aber nicht. Übergewicht Verschiedene Studien belegen einen Zusam- menhang zwischen Körpergewicht und Er- krankungen des Immunsystems. Demnach erkranken stark übergewichtige Menschen häufiger an Autoimmunerkrankungen wie Dia- betes. Für die Entstehung der Zuckerkrankheit werden immer häufiger entzündliche Mecha- nismen diskutiert, denn das Fettgewebe setzt eine Reihe von Botenstoffen frei, die infolge einer Überreaktion des Immunsystems Entzün- dungen fördern. Zudem führt eine ungesunde, ballaststoffarme Ernährung zu einem ungüns- tigen Mikrobiom im Darm. Zahngesundheit Zähne putzen für ein funktionierendes Immun- system? Was auf den ersten Blick etwas merk- würdig klingt, ist auf den zweiten Blick durchaus sinnvoll. Zum einen ist Mundhygiene wichtig, Ob Pfütze, Sandkasten oder Waldboden: Kinder spielen gern imDreck und das tut ihrem Immunsystem gut.
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