lausebande-12-2025

der Wunsch nach Gleichbehandlung ausdrückt. Wenn die Schwester mehr darf oder ein Freund häufiger gelobt wird, ist das für Kinder auch ein Angriff auf ihr Selbstwertgefühl. Ein Kindergartenkind, das schreit „Ich bin zuerst dran!“, meint vielleicht: „Sieh mich! Hör mich!“ – und ein Schulkind, das trotzig reagiert, sagt indirekt: „Ich will mitbestimmen.“ Eltern können solche Gefühle benennen: „Du bist traurig, weil du dich benachteiligt fühlst.“ Schon das schafft Entspannung, weil das Kind sich verstanden fühlt. Wer genervt ist von vielen Streitereien, sollte sich ein paar Dinge bewusst machen: Erstens: Gerade Geschwister können sich erstaunlich schnell wieder versöhnen, hier gilt tatsächlich die etwas derbe Redewendung „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“ Zweitens: Streit entsteht meist auf Basis von Nähe und Zuneigung. Wir streiten uns nicht mit Menschen, die uns egal sind oder zu denen wir kaum Bezug haben. Drittens: Geschwister streiten nicht, weil sie sich nicht mögen, sondern weil sie ernst genommen werden wollen. Eltern, die das verstehen, können Streitsituationen nutzen, um Nähe aufzubauen. Nicht durch Bestrafung, sondern durch Begleitung. Viertens: Eltern sind mit dem Thema nicht allein. Ein Studie aus den USA hat berechnet, dass Geschwister im Kitaalter im Schnitt drei Mal pro Stunde miteinander in Streit geraten. Mit dem Alter wird das Streiten dann etwas weniger. Kleiner Trost: Manchmal ist der Streitanlass auch ganz banal und der Zoff nur deswegen ausgebrochen, weil die Kinder müde oder hungrig sind. Auch wir Eltern reagieren oft gereizter, wenn wir übermüdet oder gestresst sind. Leichter streiten mit Regeln Wenn es in der Familie häufig zu Streit kommt, können Eltern und Kinder gemeinsam Streitregeln festlegen. Sie geben Orientierung und zeigen Grenzen auf. Solche Absprachen sind weniger als strenges Regelwerk zu verstehen, sondern mehr als Schutzraum für alle Beteiligten. Wichtig ist, dass diese Regeln für alle gelten – auch für die Eltern. Hier sind ein paar Anregungen, die auf die eigenen Bedürfnisse und Wünsche angepasst und um weitere Regeln erweitert werden können. Streitregeln: • nicht beißen, hauen oder kneifen • nicht drohen, nicht verspotten • wir bleiben beim Thema • keine Beleidigungen und Schimpfwörter • ich lasse mein Gegenüber ausreden • keine Schuldzuweisungen • wir machen Pause, wenn es zu viel wird • wir suchen eine Lösung, mit der alle leben können • reden ist besser als schmollen • nach dem Streit vertragen wir uns wieder Am besten legen Sie die Regeln gemeinsam mit den Kindern fest und hängen Sie für alle sichtbar auf. Für jüngere Kinder reichen Bilder, Größere können die Regeln selbst notieren und als kleines Plakat gestalten. Eltern können zusätzlich ver54 › Titelthema Im Idealfall endet jeder Streit mit einer innigen Umarmung. Auf der Nebenseite sind noch mehr Ideen fürs Versöhnen und Vertragen. Foto: Motortion, istock

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