Titelthema ‹ 63 „Lasst uns streiten!“ Eine Aufforderung zum Streit? Wird öffentlich nicht schon genug gestritten, mit schrillen Tönen auf der einen Seite und ängstlichem Schweigen auf der anderen? Mit Schlammschlachten in den sozialen Medien und Sprachlosigkeit in vielen Familien? So kann es nicht weitergehen, sagt Birte Karalus. Stattdessen gilt es, Kontroversen lösungsorientiert auszutragen. Dazu braucht es eine andere Haltung zum Streit – und damit zu unserem Gegenüber. ISBN: 978-3-424-20286-1 alle Gäste zu Hütern der Werte. Besprechen Sie einen Notfallknopf, wenn es doch wieder zu Zänkereien kommen sollte und nehmen Sie alle in die Pflicht. Weihnachten ist das Fest der Familie, da dürfen alle mithelfen. Und wenn es gehen sollte, sprechen Sie ruhig den immer wiederkehrenden Knackpunkt an und vielleicht verabreden Sie sich zu einer Zeit außerhalb der Feiertage, in der Sie gemeinsam diese Auseinandersetzung auflösend führen wollen. Als Moderatorin und Trusted Advisor arbeiten Sie auch mit Führungspersönlichkeiten. Welche Qualitäten braucht jemand heute, um in Teams oder Organisationen eine konstruktive Streitkultur zu fördern – und welche Verhaltensweisen sind echte „Killer“ für guten Dialog? Um dieser Frage gerecht zu werden, müsste ich Seiten füllen. Zusammenfassend würde ich sagen: Selbstbewusstsein, Kooperations- und Lösungsfähigkeit und Empathie. Konstruktive „Streitförderer“ sollten souverän agieren können, widerstandsfähig sein und die Kunst des Zuhörens verstehen. Vor allem aber sollten sie verstehen, welch ein großer Mehrwert in einer gut etablierten Streitkultur liegen kann. Denn gerade in Unternehmen findet man in Auseinandersetzungen ein echtes Potenzial an Innovation, wie sich Strukturen, aber auch Produkte verbessern lassen. Gibt es hier freie Räume, in denen man sich unbedenklich treffen kann, um konstruktive Kritik zu äußern und sich gemeinsam auseinanderzusetzen, bringt dies meist einen enormen Nutzen für das Unternehmen und seine Mitarbeiter und so mancher Streik würde überflüssig werden. Zur „dialogkillenden Verhaltensweise“ würde ich auf Platz eins Egozentrik setzen. Wenn ich des tiefen Glaubens bin, dass sich alles nur um mich dreht und alles nur auf mein Wohlwollen einzahlen sollte, habe ich gar nicht das Bedürfnis, mit dem anderen in echten Kontakt zu kommen. Hier wird nur subjektiv bewertet – es entsteht eine Art der Realitätsverleugnung und das Miteinander bleibt außen vor. Gab es in Ihrer eigenen Biografie eine Erfahrung, die Ihre Sicht auf Streit besonders geprägt hat – etwas, das Sie auch in Ihre Arbeit einfließen lassen? Es war nicht der eine Moment, sondern die vielen kleinen, vor allem im Alltag, die mich immer wieder fragen ließen, warum wir uns gegenseitig das Leben so schwer machen. Mein Anliegen ist, dass wir uns besser verstehen, soviel besser verstehen, als wir es jetzt tun. In meinem Podcast frage ich die unterschiedlichsten Menschen: Wie gehen wir eigentlich miteinander um? Wie wollen wir unser Zusammenleben gestalten? Wie unser eigenes? Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Die Art, wie wir miteinander „streiten“ wird mitentscheiden, ob wir offen, fair und mitmenschlich gemeinsam nach Lösungen für unsere Herausforderungen suchen können. Das Engagement der bisher schweigenden Mehrheit wird dabei den Unterschied ausmachen. Und was ich in meinem Podcast gelernt habe ist, dass jeder von uns jeden Tag den Unterschied ausmacht – das holt uns aus der Ohnmacht heraus und bringt uns ins Handeln – und das macht mich zuversichtlich! Dein Moment. Dein Tee. Lieblingstees bequem online shoppen! www.teezeit.de
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