Von Gärten, Fischen und Pubertät

Datum: Montag, 30. September 2013 11:07


Was gefällt Ihnen denn  an den Brandenburgern und was missfällt Ihnen?
Über die Brandenburger erzählt man auch, dass sie unfreundliche Menschen sind, was natürlich absoluter Quatsch ist. Sie sind superfreundlich. Sie zeigen das nur nicht jedem. Sie wollen Menschen mit ihrer Freundlichkeit nicht auf den Keks gehen. Da sind sie lieber zurückhaltend und umweltbewusst.

Müssen Sie Ihre Bücher und Ihr Live-Programm bei all dem Persönlichen und Privaten eigentlich vorher von Ihrer Frau freigeben lassen?
Klar, meine Frau und meine Kinder kennen meine Geschichten und gegen ihren Willen würde ich die auch nicht schreiben. Es geht ja darum, auf eine spannende und abenteuerliche Weise die Tragödie des menschlichen Lebens zu schildern. Sonst wäre das eine Sackgasse. Dann weinen ja nur alle. Deshalb versuche ich, durchaus ernste Themen mit einem Lachen zu schildern.

Im vergangenen Jahr kam Ihr Buch Russendisko als Film in die Kinos, können Sie sich Matthias Schweighöfer auch in einem Brandenburg-Abenteuer als Gärtner und Angler auf der Leinwand vorstellen?
Als Schauspieler ist der sicher durchaus fähig. Aber die Filmbranche ist nicht meine Welt und ich hatte mit dem Film Russendisko auch wenig zu tun. Ich weiß, wie man von Mensch zu Mensch Geschichten erzählt. Aber im Film muss immer etwas Besonderes stattfinden, was im Leben so gut wie nie passiert. Menschen können im Film nicht einfach über die Straße gehen, sie müssen von Killern verfolgt werden oder auf einer Schatzsuche sein.

Im Dezember kommen Sie mit dem Programm zum neuen Buch nach Cottbus, war erwartet die Besucher?
Ich werde aus meinem Buch über meinen neuen Garten in Brandenburg vorlesen, aber auch aus ganz neuen Geschichten, die noch nicht veröffentlicht sind. Unbedingt müssen sie in Cottbus das Thema Pubertät ganz groß ansprechen. 

Sie kommen ausgerechnet am Freitag, dem 13. – sind Sie nach dem überlebten Maya-Weltuntergang noch abergläubisch?
Ja, aber ich bin positiv abergläubisch. Ich erwarte immer etwas Gutes. Auch vom Freitag dem 13 und erst recht von Cottbus.

Besuchen Sie die Elefanten im Cottbuser Tierpark, die in Ihrem Buch ja eine kurze Gastrolle haben?
Das werde ich unbedingt machen ...

Sie haben inzwischen über 3 Millionen Bücher verkauft, warum sind die Deutschen an Ihrer Sichtweise so interessiert?
Wir haben eine gemeinsame Geschichte. In dem was ich erzähle, können sich die Menschen wieder finden. Aber Geschichten interessieren die Menschen fast überall auf der Welt. Ich war gerade auf einer Buchmesse in Brasilien, da war Deutschland Gastland und ich habe Deutschland repräsentiert. Die Brasilianer waren an den Geschichten genauso interessiert.

Sie gelten heute als deutscher Schriftsteller, interessiert man sich eigentlich auch in Russland für Ihre Bücher?
Vor allem interessieren die Russen sich für Landsleute im Ausland, ob und wie sie Erfolg haben. Sie fühlen sich immer noch etwas abgeschottet von der Welt und haben Minderwertigkeitskomplexe, wie sie in der Welt wahrgenommen werden. Von daher ist jeder erfolgreiche Landsmann von großem Interesse. Sie schauen aber auch genau, wie er erfolgreich geworden ist: hat er Gutes getan oder Schlechtes über uns erzählt. Da ich versuche, nichts Schlechtes zu erzählen, bin ich hoffentlich auf der sicheren Seite.

Eine letzte Frage in der Mission als Familienmagazin: Was amüsiert Sie gerade am Familienleben der Deutschen am meisten?
Die windelfreie Erziehung. Das war ein Erziehungsratgeber, der in Deutschland sehr populär war. Man sollte die Kinder nicht einwickeln, weil Kinder dann später Minderwertigkeitskomplexe bekommen. Nur Kinder, die von Anfang an überall hinkackern dürfen, werden später zu freien Menschen. Deswegen kommen die in Deutschland auch bis ins hohe Alter in diese Pubertät.

Danke für das Interview.

Wladimir Kaminer:
Neues aus dem Garten
Fr, 13.12.2013 / 20 Uhr
Jugendkulturzentrum Glad-House Cottbus