17 Ziele für eine bessere Welt

Datum: Montag, 28. März 2022 16:50

Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen

Mit: Christine Wenzl, Nachhaltigkeitsexpertin, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND


Foto: BUND

Was wurde bisher aus Ihrer Sicht bei diesem Ziel erreicht und was muss noch passieren?

Unsere Wirtschafts- und Lebensweise muss die natürlichen Grenzen des Planeten einhalten. Das haben die Vereinten Nationen mit dem Ziel 12 vereinbart. Dafür müssen sich Produktionsweisen und die Konsumgewohnheiten grundlegend ändern – vor allem in den Industrieländern. Doch davon sind wir weit entfernt: Weltweit sind der Materialverbrauch und das Abfallaufkommen weiter gestiegen. Auch die Zahl der chemischen Stoffe, die sich weltweit im Umlauf befinden, steigt ungebremst.

Wie haben aktuelle Krisen, wie die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg, dieses Ziel bzw. die Diskussion darüber verändert?

Die Corona-Pandemie hat gravierende Auswirkungen für die UN-Ziele in insgesamt. Vor allem soziale Ungleichheit, Armut und Hunger haben sich weltweit verschärft. Eine Chance für den nachhaltigen Konsum könnte in der Rückbesinnung auf regionale Wirtschaftskreisläufe liegen. Die aktuelle Situation zeigt, wie wichtig es ist, unser Land unabhängiger von Gas- und Ölimporten zu machen. Dafür ist es essenziell, Energie zu sparen. Maßnahmen wie ein Tempolimit oder autofreie Sonntage kann die Bundesregierung sofort einführen.

Wie steht Deutschland bei diesem Ziel aus Ihrer Sicht da?

Der Handlungsdruck ist hoch: Weit entfernt sind wir von der nötigen Kreislaufwirtschaft. Plastik aus Haushaltsabfällen wird immer noch meist verbrannt. Rund 15 Prozent des Abfalls – mehr als 700.000 Tonnen jährlich – werden exportiert, und landen oft in Ländern des globalen Südens und dort häufig in der Umwelt. Und nicht nur bei Abfallexporten stehen deutsche Unternehmen weltweit an der Spitze. 2019 importierten sie für eine Summe von über einer Milliarde Euro Rohstoffe, Chemikalien und andere Waren aus aller Welt – darunter auch Metalle, die unter dem Einsatz von Kinderarbeit in den Minen Südamerikas oder Afrikas unter prekären Bedingungen abgebaut werden.

Was können wir in Deutschland konkret dafür tun, damit dieses UN-Ziel erreicht wird?

Es gilt, eine funktionierende Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Zugleich müssen wir die verwendeten Materialien absolut reduzieren und die Abfallmengen drastisch mindern. Die Zukunft gehört dem Mehrwegsystem – Einweg muss der Vergangenheit angehören. Für langlebige und reparierbare Produkte muss die Bundesregierung verbindliche Vorgaben einführen. Gut anknüpfen kann sie dabei an eine neue europäische Richtlinie, die ein Recht auf Reparatur vorsieht. Um alle 17 Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, ist ein grundlegender Wandel nötig: wirtschaftlich, ökologisch und sozial. Dafür müssen wir die Grenzen des Wachstums anerkennen. Wir brauchen eine Gesellschaft und eine Wirtschaft, die solidarisch und fürsorglich mit Mensch und Natur umgehen.

Wie können Familien mit ihren Kindern über dieses Ziel sprechen und ihre Kinder dafür sensibilisieren?

Ein erster Schritt liegt in der Wertschätzung aller Dinge, mit denen wir uns im Alltag umgeben. Das kaputte Spielzeug kann repariert, abgelegte Kleidung auf dem Flohmarkt verkauft werden. Gern beteiligen sich Kinder selbst daran und bessern damit das Taschengeld auf. Bewährt ist auch: Zeit statt Zeug. Warum nicht zum Geburtstag einen Gutschein verschenken für einen gemeinsamen Konzertbesuch oder einen Ausflug zum Klettergarten? Und die Erwachsenen leben es vor: Es muss nicht alle zwei Jahre ein neues Handy sein, nicht der XXL-TV-Bildschirm und immer die neuste Mode.