lausebande-02-2022

18 › Aktuelles Als ein besonderes Dankeschön an die Kinderkrankenpflege der Johanniter Südbrandenburg für 10 Jahre Pflege ihrer schwer erkrankten Tochter Anna erreichte uns diese emotionale Geschichte von Familie Henze, die wir gern ausführlich veröffentlichen: „An der Wand hängen viele Bilder der Familie. Darunter ein Portrait eines vierjährigen Mädchens. Blondes Haar, blaue Augen, das Kinn frech auf die Hände gestützt, in den Augen kleine Funken. Nach der Aufnahme ist sie bestimmt aus dem Studio gestürzt, um zweitausend wichtigere Dinge zu erledigen: Raupen jagen, Fahrrad fahren, dem Wind hinterherhetzen. „So war sie“, sagt Anja und grinst, „Ein Wirbelwind! Konnte keine zwei Sekunden stillsitzen.“ Anja Heinze ist die Mutti und ein Teil des Pflegeteams von Anna. Das fröhliche Mädchen auf dem Foto ist heute fast 18 und bedarf einer Intensivpflege. 2021 begeht die Familie ein Jubiläum, das einerseits traurig, andererseits ein Glücksfall war, wie Anja erzählt. Vor genau zehn Jahren hat die ambulante Kinderkrankenpflege der Johanniter Südbrandenburg Anna in den Kreis ihrer Patienten aufgenommen. Der Weg bis dahin war für die Familie eine Herausforderung in jeder Hinsicht. Ein furchtbarer Unfall veränderte das Leben der Familie am 18. März 2008. Anna war, wie jeden Tag in der Woche, im Kindergarten. Sie ist unglücklich in einem Spielhäuschen im Sandkasten hängen geblieben. Strangulationsunfall. Nein, an der Kapuze war keine Kordel. Bis das Mädchen gefunden wurde, sind im Gehirn irreparable Schäden entstanden. Wie erzählt man so eine Geschichte weiter? Was passiert mit einer Familie? Was geht in jedem einzelnen ihrer Mitglieder vor? Wie war der formelle Weg? Anja liefert die Antwort: „Wir haben von Anfang an getrennt: Anna – Unfall. Die oberste Priorität war die Familie. Wir waren eine vor demUnfall und bleiben eine.“ Faktisch wurde die Familie fast zwei Jahre lang getrennt. Die Mutter wurde von ihrer damaligen Chefin freigestellt und blieb mit Anna in der Kinderklinik in Kreischa. Währenddessen wurde ein Haus gebaut: Rollstuhlgerecht, großräumig damit Mutti Anna immer im Blick haben kann. Zum Zeitpunkt des Unfalls war Annas Bruder Philipp neun. Die beiden waren ein Herz und eine Seele. In der Akutphase, in den ersten zwei Wochen auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Dresden, hielten die Eltern den Jungen aus dem Geschehen rund um Anna raus. Gleichzeitig gab es viel zu lernen: „ImKlinikum hat uns keiner etwas erklärt. Man hat uns gesagt, wenn Anna erhöhten Hirndruck hat, sei es das Ende. Aber was hat das überhaupt bedeutet? Was ist der Unterschied zwischen Sauerstoffmangel und Schädelhirntrauma?“ Die Pflege wurde in der Klinik gelernt. Aufmerksam schauen, Fragen stellen, mit der Zeit selbst Handgriffe übernehmen und die Pflege des Klinikpersonals vervollständigen. Zum Abschied überreichten die Schwestern Anja sogar ein Ehren-Pflege-Diplom. Zu demneuen Alltagsstress und unzähligen Behördengängen kam eine Herzerkrankung des Familienvaters hinzu. Und dann wurde der Entschluss getroffen, ein Haus um diese neue Realität zu bauen, damit Anna nicht in ein Wachkomaheim gehen musste. In der ersten Phase zu Hause kümmerte sich ein Pflegedienst um Anna. „Es war eine schreckliche Zeit. Man hat mir direkt gesagt: „Was wir nicht schaffen, dafür bist du Mutter geworden.“ Man hatte kein Vertrauen mehr in die fremden Menschen.“ Die Pflege der Tochter gänzlich aus der Hand zu geben, kam nie in Frage. Den ersten offiziellen „Mutti-Dienst“ durfte Anja am 1. Januar 2010 antreten. Sieben Tage in der Woche, mindestens acht Stunden am Tag, kein Urlaub. Die Zeit für Philipp musste sich auch finden. Der Tag war getaktet: Frühdienst, Nachmittag für Philipp. Zeit für sich selbst oder das Eheleben gab es kaum. „Mein Mann und ich, wir kennen uns im nächsten Jahr 30 Jahre. Man kann sagen: Wir kennen uns blind. Das hat bestimmt geholfen.“, sucht Anja nach einer Erklärung für die Bewältigung der Tiefpunkte seit Annas Unfall. Zufälle bestimmen oft das Leben und so war es auch bei den Heinzes. Zwei Mitarbeiterinnen des besagten Pflegedienstes verließen die Reihen und arbeiteten nun bei der Kinderkrankenpflege der Johanniter-UnfallHilfe e.V. in Cottbus. Man blieb aber in Kontakt und so veränderte ein Telefonat den weiteren Weg. Ab dem 1. Juli 2011 übernahm das Team der Johanniter die Pflege von Anna. „Nur mit Vertrauen in das Pflegeteam ist es möglich, abzuschalten. Seit die Johanniter zu uns gehören, ist auch mal ein Urlaub möglich. Der erste längere Ausflug war vom Freitag bis Montag geplant. Philipp war in der neunten Klasse, 14 oder 15 Jahre alt, bekam Liebeskummer und am Sonntag haben wir uns entschlossen, zurückzufahren.“, lacht Anja. In der neunten Klasse angekommen, brauchte Philipp nicht mehr so Eine Geschichte von Schicksal undMenschlichkeit Anna Heinze und die Johanniter verbindet ein ungewöhnliches Jahrzehnt.

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