Seite 34 - lausebande-04-2011

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Kolumne :: Seite 34
mit meiner Taktik
und äpfel ordentlich,
einen nach dem an-
deren Apfel, immer
größer. Vielleicht
schaffe ich es damit
bis zum Abendbrot
und kann aus dem
Stall dann direkt
zurück ins reale Fa-
milienleben. Der Pä-
dagoge in mir schaut
kopfschüttelnd auf
meine verzweifelte
und nicht sehr äs-
thetische Äpfeltaktik herab. Natürlich durchschaut
mich meine Kleine gnadenlos. Sie holt die aus Hals-
tüchern geknotete Leine aus dem Hängenetz. Ver-
zweifelt schnaubt der alte Gaul und simuliert einen
schmerzenden Huf, aber es hilft nichts. „Komm
Pferdchen, wir reiten zur Koppel“, sagt die kleine
Pferdebesitzerin und lässt keinen Widerspruch
zu. Die Koppel liegt im Wohnzimmer, hinter dem
endlos langen Flur. Brav steht Papa auf allen Vie-
ren und mein Mädchen setzt sich auf den Rücken.
Der Flur ist lang, die Knie schmerzen, die Kleine ist
glücklich. In solchen Momenten wünsche ich mir
Knieschoner, verwerfe den Gedanken aber wieder,
weil dann gar keine Ausrede mehr zum stunden-
langen Pferdsein existiert. Nach gefühlten fünfzig
Ritten zur Koppel überlege ich, ein richtiges Pony
bei uns einziehen zu lassen. Am Ende trabe ich
aber wieder aufrecht, zwar mit schmerzenden Kni-
en, aber lächelnd und erfüllt zum Abendbrot. Im
Grunde meines Vaterseins bin ich doch ein glück-
liches Pferd und weiß, dass ich in diesen kleinen
Ausritten das Glück meiner Welt auf meinem Rü-
cken trage – und so auch noch mit 50 Jahren durch
die Wohnung galoppieren würde. Hü Hott!
„Papa, spielst du mit mir Pferdchen?“ –
ich bin noch nicht einmal richtig von der
Arbeit zu Hause angekommen, da schaut
mich meine Kleine fragend mit ihren rehbraunen
Kullerknopfaugen an. Pferd spielen – oh nein, mei-
ne Knie. Wenn Papa als Pferd anrücken soll, ist das
zwangsläufg mit der vollständigen Version ver-
bunden, die als „kleiner Onkel“ auf Händen und
Knien durch den Flur galoppiert und ein kräftiges
Hüüja hinausposaunt. Im Kinderzimmer angekom-
men beginne ich sofort meine Verhandlungstaktik.
Schnell ein paar Schleichpferdchen geschnappt
und einen ach so schönen Stall aus Bausteinchen
gebaut. Aber schon auf halbem Weg stellt sich mir
meine Reiterin in den Weg und gibt mir unmiss-
verständlich zu erklären, dass ich das Pferd sein
soll. Ich unternehme noch einen Versuch mit dem
Pferde-Memory, bin mir meines Scheiterns aber
schon bewusst. Sie weiß, das Papa sowieso nach-
gibt – und so begebe ich mich hörig auf alle Viere
und gebe ein resigniertes „Hü“ von mir. Ich werde
in meinen Stall gestellt und erst einmal gründlich
gestriegelt, gefüttert und darf dann auch noch or-
dentlich äpfeln – zu meiner Entlastung: Das pas-
siert natürlich nur in der Phantasie meiner Kleinen.
Solange ich im Stall stehe, muss ich wenigstens
nicht auf schmerzenden Knien durch die Wohnung
traben. Mit 40 Jahren ist man ein alter Gaul, kein
Pferd wird so alt. Die wissen bestimmt auch, war-
um. Ich will im Stall bleiben und beginne wieder
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
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