Seite 29 - lausebande-05-2014

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Interview :: Seite 29
Fenster“ genannt haben. Das klang so geheimnis-
voll, als hätte ich im Dunklen oder in einer ganz omi-
nösen Welt gelebt und das hat mir gefallen.
Wie viel Autobiografie steckt noch in dem Buch?
Das habe ich natürlich nicht alles erlebt. Die Ge-
schichten sind viel eher aus dem Gefühl und aus
Emotionen heraus geschrieben. Es gibt natürlich
immer eine Anlehnung an Erinnerungen, Erzählun-
gen oder Beobachtungen aus meinem Leben. Meine
Buchheldin Matilda hat aber ihr ganz eigenes Leben
mit einem eigenen Charakter erhalten.
Matilda denkt sich recht spektakuläre Mutproben
aus, waren Sie als Kind auch mal nackt zur Kirmes
oder haben Sie eine lebende Spinne verspeist?
Ich weiß noch, dass ich als Kind Regenwürmer ver-
speisen musste. Das war unsere Mutprobe! Ich fand
das auch gar nicht schlimm. Aber heute würde ich
das garantiert nicht mehr machen.
Im Internet ist nachzulesen, dass Sie sich damals mit
Jungs im Weitpinkeln gemessen haben, ist da was
dran?
Ich habe mich als Mädchen in allem Möglichen mit
Jungs gemessen, aber sicher nicht darin. Das ist defi-
nitiv ein Märchen. Aber es ist eine gute Idee – daraus
könnte man sicher eine schöne Geschichte im nächs-
ten Matilda-Buch machen.
Wie waren Sie als Mädchen, eher Ronja Räubertoch-
ter oder Prinzessin?
Auf jeden Fall keine Prinzessin! Ich war eher ein wil-
des Mädchen und einfach gerne draußen und mit
anderen Kindern unterwegs.
Im Buch thematisieren Sie mit Kindesmissbrauch
auch ein sehr ernstes Thema, gehört das wirklich in
ein Kinderbuch?
Ich habe versucht, mit meinen Matilda-Geschichten
die Lebenswirklichkeit von Kindern darzustellen.
Im ersten Buch klaut Matilda auch oder bekommt
mal eine Backpfeife. Es soll nicht alles nach der
Ann-Kathrin Kramer gehört zu den bekann-
testen deutschen Schauspielerinnen und
war schon in unzähligen Fernsehfilmen zu
sehen. In diesem Frühjahr hat sie ein Kinderbuch
veröffentlicht: „Neues von Matilda, dem Mädchen
aus dem Haus ohne Fenster“ ist nicht nur unterhalt-
sam, sondern beeindruckt durch Themen, die man
in einem Kinderbuch eher nicht erwartet. So handelt
eine der Geschichten mit Matilda zum Beispiel von
Kindesmissbrauch – einem Thema, dem sich Ann-
Kathrin Kramer auch bei ihrem sozialen Engagement
widmet. Für die lausebande Anlass genug, sich über
ihre Beweggründe für das Buch, aber auch über die
Bedeutung familiärer Werte in ihrem Leben zu un-
terhalten:
Frau Kramer, Sie sind als Schauspielerin sehr erfolg-
reich, wie kamen Sie zum Kinderbuchschreiben?
Die erste Matilda-Geschichte habe ich im Jahr 2005
für ein Charity-Projekt geschrieben. Daraufhin hat
mich ein Verlag angesprochen, ob ich das nicht
ausbauen möchte und so kam es zum ersten Buch.
Dann hat mir bei aller Schauspielerei lange die Zeit
gefehlt, aber vor einem Jahr wurde das erste Matilda-
Buch neu aufgelegt und parallel habe ich den Nach-
folger fertiggestellt.
Wird Matilda jetzt die neue Pippi Langstrumpf?
Ich habe Kindern und Eltern zwar bei vielen Lesun-
gen offensichtlichen Spaß bereitet, aber Pippi Lang-
strumpf ist sicher zu hoch gegriffen.
... und bei Kackbratze wird immer geschmunzelt?
Kackbratze ist doch auch ein schönes Wort, oder?
Was hat es eigentlich mit dem Haus ohne Fenster
auf sich?
Dieses Haus ohne Fenster gibt es tatsächlich. Es ge-
hörte meinem Vater und war eine ehemalige Fabrik.
Diese Ziegelbauten haben oft zu einer Seite keine
Fenster. In solch einem Haus habe ich als Kind ge-
wohnt. Erst viele Jahre später erzählte mir jemand,
dass sie mich früher immer „die aus dem Haus ohne
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„Kackbratze ist doch ein schönes Wort“
Interview mit Schauspielerin und Kinderbuchautorin Ann-Kathrin Kramer