lausebande-06-2022

Titelthema ‹ 73 Hautkrebs gilt als typische Alterserkrankung. Inwiefern sind auch junge Menschen betroffen? Wir mussten in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme der Hautkrebserkrankungen bei jungen Frauen zwischen 20 und 50 Jahren feststellen. Wir nennen das Solarien-Peak, weil das vor allem jene Frauen betrifft, die häufig ins Solarium gehen. Wer zwölf Mal pro Jahr ins Solarium geht, hat ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Daher setzen wir uns für ein Verbot von Solarien ein. Sie engagieren sich für Hautkrebs-Prävention. Was läuft in Deutschland bei der dermatologischen Prävention bereits gut und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf? Der wichtigste Bereich ist die primäre Prävention. Hier müssen wir zuerst ansetzen, denn er sorgt dafür, dass wir gar nicht erst zu viel Sonne abbekommen. Dazu gehören beispielsweise die Stadtplanung mit vielen Beschattungsmöglichkeiten, der Schutz bei Freizeit und Sport und das Tragen sonnengerechter Kleidung sowie das Meiden der Mittagssonne. Ich will mal zwei Beispiele nennen: In Deutschland treiben knapp elf Millionen Menschen regelmäßig draußen Sport – in der Regel völlig ungeschützt vor der UV-Strahlung. Da müssen wir Lösungen finden. Der zweite Punkt: 7,2 Millionen Deutsche arbeiten regelmäßig draußen. Bereits erreichen konnten wir, dass berufsbedingter Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt ist. Der nächste wichtige Schritt wäre, dass die Vorsorge durch den Arbeitgeber für diese Menschen verpflichtend ist und nicht nur freiwillig. Erwachsene ab 35 haben alle zwei Jahre Anspruch auf das Hautkrebs-Screening. Ist das ausreichend? Das reicht völlig aus, da nur in seltenen Fällen schon bei jüngeren Menschen Hautkrebs auftritt. Viel wichtiger ist die Qualität der Screenings. Da sehen wir teilweise noch Defizite bei der Untersuchung und der Beratung und würden uns einen Effizienznachweis durch den Gemeinsamen Bundesausschuss wünschen, der aus Kostengründen bisher leider nicht vorgesehen ist. Inwiefern könnten bzw. sollten Kitas und Schulen in das Thema eingebunden werden? Das muss auf mehreren Ebenen passieren. Zum einen können sie ergänzend zum Elternhaus Informationen zur gesunden Lebensführung vermitteln. Dazu gehört nicht nur Ernährung oder Zahnpflege, sondern auch das Thema Sonnenschutz. Zweitens müssen Eltern passende Kleidung und ein Sonnenschutzmittel mitgeben. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Beschattung der Außenanalagen, die nur teilweise erfolgt. Mit unserem Verband unterstützen wir Kitas und Schulen dabei, die Kinder vor UV-Strahlung zu schützen. Wir stellen leicht verständliche Info- und Unterrichtsmaterialien bereit, setzen uns für die Schaffung von mehr Schattenplätzen ein und geben Tipps, wie man den Tagesablauf so gestalten kann, dass die Kinder gut geschützt werden. Bei erfolgreicher Umsetzung, kann sich die Kita oder Schule zertifizieren lassen. Vor allem geht es aber darum, Erzieher, Kinder und Eltern für das Thema zu sensibilisieren. Wie schützen Eltern die Haut ihrer Kinder am besten? Das ist im Grunde recht einfach. Bis zum ersten Geburtstag gehört ein Kind gar nicht in die direkte Sonne, alles andere ist fahrlässige Körperverletzung. Ab dem zweiten Lebensjahr gilt: In der Mittagszeit gehören Kinder gar nicht in die Sonne und sonst nur mit möglichst langer und weiter Bekleidung, Sonnenhut und Sonnenbrille. Die nicht bedeckten Körperstellen werden großzügig mit Sonnenschutzmittel mit Faktor 30 eingeschmiert. Großzügig heißt, dass man beispielsweise bei einem Achtjährigen einen gehäuften Teelöffel Sonnencreme nur für das Gesicht verbraucht. Wenn ein Kind einmal zu viel Sonne abbekommen hat – und das muss noch nicht mal einen Sonnenbrand zur Folge haben, beginnt im Körper ein Prozess, der nicht mehr umkehrbar ist. Dann entstehen Pigmentmale, umgangssprachlich als Leberflecke bezeichnet. Im Laufe des Lebens werden es kontinuierlich immer mehr. Je mehr Pigmentmale man hat, desto höher ist das Risiko für schwarzen Hautkrebs. Wer 50 bis 60 davon hat, hat ein 15-fach erhöhtes Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Laufe ich Gefahr, dass mein Körper durch „zu viel“ Sonnenschutz zu wenig Vitamin-D bildet? Vitamin D stellt der Körper über die Ernährung her und über die UVB-Einstrahlung auf der Haut. Dieser Prozess über die Haut ist bereits nach zehn bis 15 Minuten abgeschlossen, danach stellt der Körper die Vitamin-D-Produktion auf diesem Weg wieder ein. Das sollte also kein Grund sein, auf Sonnenschutz zu verzichten. Gegen VitaminD-Mangel, so er überhaupt vorhanden ist, gibt es Tabletten. Gegen Hautkrebs nicht.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxMjA2