Seite 21 - lausebande-07-2014

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Interview :: Seite 21
aber nach wie vor ziemlich cool, dass mir Regie
und Produktion die Mutterrolle zugetraut haben.
Sie sind vor Kurzem 30 geworden, wird Ihnen mit
so einer Rolle auch bewusst, dass Sie älter werden?
Ja total, aber im Positiven wie im Negativen. Mit 30
Jahren hat man plötzlich vergangene Jahrzehnte
in der Hand, über die man schon viel reden kann.
Ich kenne meine beste Freundin seit 24 Jahren, das
ist schon krass. Aber ich bin auch ganz froh, älter
zu werden. Das bringt großartige Sachen mit sich.
Man ist im Leben selbstbewusster, durch die Be-
rufs- und Lebenserfahrung, kann Situationen bes-
ser einschätzen und besser mit sich selbst umge-
hen. Man kann sein Leben so einrichten, wie man
sich das vorstellt – und hat einfach mehr Mut dazu.
Sie spielen zum ersten Mal eine Mutter – haben Sie
da Neues und Unerwartetes in sich entdeckt?
Tanja Doretti ist zum Glück nicht so eine Glucken-
mutter. Dennoch ist sie eine sehr liebevolle Mutter,
die versucht, ihrem Rico alles zu geben. Diesen
Beschützerinstinkt gegenüber einem kleinen Jun-
gen kenne ich sehr gut. Ich habe selbst sehr viele
kleine Brüder und bin mit diesem Gefühl groß ge-
worden. Ich hatte etwas Angst, dass man mich im
Film nicht als Ricos Mutter, sondern als seine gro-
ße Schwester sieht. Ich bin froh, dass es nicht der
Fall ist.
Bei „Fack ju Göhte“ sind Sie im Team zu einer rich-
tigen kleinen Familie zusammengewachsen, war
das hier ähnlich?
Eigentlich stellt sich bei fast jedem Film ein Fami-
liengefühl ein, wenn man lange und intensiv an ei-
nem Ort arbeitet und gemeinsam rumhängt. Wenn
man eine Weile dabei ist, trifft man sowieso immer
wieder Leute, die man kennt. Unser Team bestand
zum Großteil aus Freunden. Von daher war das so-
wieso ein Heimspiel.
Mit Ronald Zehrfeld spielt ein Mann mit, den Sie
zumindest im Film ganz toll finden, ist der wirklich
so eine „scharfe Schnitte“?
Am 10. Juli kommt mit „Rico, Oskar und
die Tieferschatten“ ein wertvoller Film für
die ganze Familie ins Kino. Er erzählt die
Geschichte einer besonderen Freundschaft, und
macht das genauso einfühlsam wie die gleichna-
mige Buchvorlage von Andreas Steinhöfel, dessen
Rico-Reihe sich über 300.000 Mal verkaufte. Im
Film trifft der „tiefbegabte“ Rico auf den hochbe-
gabten Oskar und auf einer gemeinsamen Verbre-
cherjagd wird aus den zwei Außenseitern ein unge-
wöhnliches Team. Wie das Buch ist auch der Film
für Eltern beste Unterhaltung, für Kids sowieso.
Dazu trägt auch die hervorragende Besetzung bei.
Allen voran Karoline Herfurth, die erstmals auf
eine sehr beherzte und glaubwürdige Weise die
Rolle einer Mutter spielt. Mit ihrer unkonventio-
nellen kleinen Familie samt Sohn Rico, dem die
Sachen im Kopf oft durcheinander geraten, mit
ihrer Begeisterung fürs Bingo-Spiel und Fischstäb-
chen mit Blutmatsche schafft sie einen liebevollen
Gegenentwurf zum klassischen Familienbild. Nach
der eindrucksvollen Rolle als elfengleiches Mira-
bellenmädchen in „Das Parfüm“ und zuletzt über
7 Millionen Besuchern in „Fack ju Göhte“, wo sie
noch als verklemmte Junglehrerin unterwegs war,
nun also ihr erster Familienfilm. Grund genug für
ein Gespräch mit der vielseitigen Berlinerin über
den neuen Kinofilm, Familie, Toleranz und ein
Traumhaus auf dem Land:
Beim Lesen entwickelt man ja innere Bilder der
Figuren, Ricos Mutter hätte ich nie und nimmer
mit dem elfenhaften Mirabellenmädchen aus „Das
Parfüm“ oder der etwas verklemmten Junglehrerin
aus „Fack ju Göhte“ zusammengebracht. Waren
Sie überrascht, als man Sie für die Rolle der Tanja
Doretti anfragte?
Ich hatte von dem Projekt schon vorher gehört
und kenne die Regisseurin sehr gut. Aber ich war
schon überrascht, dass alle von der Idee so begeis-
tert waren, weil ich doch sehr jung bin. Mit Ricos
Mama Tanja Doretti und ihrem unkonventionellen
Lebensentwurf als junge, alleinerziehende Mutter
konnte ich mich schnell anfreunden. Ich finde es
Das Interview führte Jens Taschenberger.
„Nie Angst, anders zu sein.“
Interview mit Karoline Herfurth
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